Die eigenbehörigen Höfe der Grafen in und außerhalb der Grafschaft Rietberg

(Obwohl von mir Forschungen in ganz Nordwestdeutschland durchgeführt werden, auf dieser Seite nur Hinweise auf die Forschungsmöglichkeiten in der ehemaligen Grafschaft Rietberg!)

Die Grafen von Rietberg besaßen von alters her als Grundherren zahlreiche Höfe in und außerhalb der Grafschaft. Vor allem in den 12 Bauerschaften der Grafschaft, nämlich Bokel, Bornholte, Duffel, Liemke, Mastholte, Möse, Neuenkirchen, Österwiehe, Sende, Varensell, Verl und Westerwiehe waren fast alle Höfe dem Grafen eigenbehörig.

Außerdem hatten die Grafen noch Höfe in Avenwedde, Batenhorst,Delbrück (Freienhagen und Sande), Langenberg, in Isselhorst, im Amt Heepen und im Amt Stromberg. Sämtliche Höfe sind in der Höfeliste von 1804 erfaßt und können dort alphabetisch eingesehen werden. Außerdem lohnt sich in der Regel eine Anfrage aus den umgebenden Gemeinden, da viele Einheiraten stattfanden und manchmal wichtige Einzelheiten aus den Aufzeichnungen im Archiv der Grafen von Rietberg auch für diese Höfe oder bürgerlichen Familien aus den Städten gemacht wurden.

Etwas anderes liegt die Archivlage bei den im Kreise Soest, im früheren kurkölnischen Westfalen liegenden Herrschaft Mellrich und Eiden, wo ebenfalls unfangreiche Forschungsmöglichkeiten im Archiv der Grafen von Rietberg bestehen. Nähere Einzelheiten auf telefonische Anfrage.

Als Grundherren waren die Grafen Oberbesitzer dieser Höfe, die nach dem Rietberger Landrecht, einem Eigenbehörigkeitsrecht, zur Nutzung an Bauern überlassen wurden. Diese Nutzung war vererblich und konnte nur bei schweren Verfehlungen (in der Regel Überschuldung) durch die Gutsherrschaft an andere Bauern weitergegeben werden.

Für den Erwerb des Nutzungsrecht wurde ein sog. Weinkauf oder Laudemium erhoben, über dass uns die Akten mit kleinen Lücken seit 1557 bis 1815 unterrichten. Jeder - Mann oder Frau - der auf einen Hof heiratete mußte diese Abgabe leisten. Seit 1765 liegen z. T. ausführliche Heiratskontrakte vor.

Starb ein Eigenbehöriger so mußte sein mobiles Erbe zu einem bestimmten Teil an den Grafen abgegeben werden. Auch über diese Abgabe, den sog. Sterbfall oder die Erbteilung, wurde sorgfältig Buch geführt. So wurden zwischen Geburt und Tod die Menschen durch die Abgaben vom Grafen fiskalisch und administrativ erfaßt. Diese Unterlagen erlauben uns heute wesentlich weitergehende Forschungen über unsere Vorfahren anzustellen, wie dies mit den Kirchenbüchern allein möglich wäre. Im allgemeinen können die Forschungen bis etwa 1550 zurückgeführt werden, in Einzelfällen noch weiter.

Eine Liste dieser Höfe stellte der Rietberger Beamte Karl Philipp Schwertener 1804 zusammen. Diese von Franz Flaskamp 1935 veröffentlichte Liste ist in vieler Hinsicht fehler- und lückenhaft. Nicht nur Schreibfehler erschweren die Einordnung mancher Höfe, sondern viele Häuser mit wenig Besitz (Neuwöhner) fehlen einfach. Andere Höfe haben in den Kirchenbüchern andere Namen wie in den Akten, für wieder andere wird neben dem genannten Namen ein weiterer geführt usw.

Derzeit erarbeite ich eine neue Liste der Höfe bzw. Häuser um 1825. Sie wird demnächst in der Reihe "Die Höfe der Grafschaft Rietberg im 17. Jahrhundert" veröffentlicht. In dieser Reihe wird von den Bauerschaften der Grafschaft das sog. "Lagerbuch von 1668" veröffentlicht. Diese durch die Gräfin Anna Catharina angeordnete genaue Aufnahme aller Höfe (die allerdings nicht für Bokel und Sende vorliegt!) ist eine erstklassige und bisher wenig ausgewertete Quelle für die Situation der Bauern im 17. Jahrhundert. Ergänzt wird jeder Band durch Aufsätze aus den Grafenfamilien und andere für die Hofgeschichten wichtige Texte.

Das große Aktenarchiv der Grafen von Rietberg umfasst etwa eine Million Seiten besteht aus 3.475 Akten und 1150 Urkunden und ist im Staatsarchiv Münster in 678 Kartons gelagert.

Als Berufsgenealoge bekam ich immer wieder die Aufgabe, in diesem schwierigen Gebiet Familiengeschichten zu erarbeiten. Das völlige Fehlen von Familiennamen in der Grafschaft führte immer wieder zu Fehldeutungen. Der enorme Aktenumfang machte die Forschungen unverhältnismäßig aufwendig. Alles dies veranlaßte mich sehr bald, alle genealogisch wichtigen Angaben in einer Computerdatei zu erfassen.

Derzeit sind aus der Zeit 1648-1815 alle genealogisch wichtigen Angaben zu den Höfen der Grafen von Rietberg in einer Computerdatei gespeichert!

Die Angaben über Weinkäufe, Sterbfälle, Frei- und Wechselbriefe können bei mir zu einem Festpreis (der um ein Vielfaches niedriger ist, als eine Suche in den Akten!) bestellt werden. Der Umfang dieser pauschal für jeden Hof berechneten Angaben umfaßt Kopien und eine chronologische Abschrift aller Eintragungen für den jeweiligen Hof.

Für viele Höfe ist eine ausführliche Hofbeschreibung von 1668 vorhanden. Diese Hofbeschreibung umfaßt Angaben zu den Familienmitgliedern, dem Land, den Abgaben, Schulden und Forderungen und kann gesondert zum Preis von 20 Euro pauschal bestellt werden. Bitte fragen Sie an, ob auch für den Hof Ihrer Vorfahren eine solche Beschreibung vorliegt!

Gesondert können Sie auch die Aktenauszüge zu den Hausbauten bestellen. Brannte ein Haus ab oder mußte neu gebaut werden, richtete der Bauherr ein Gesucht um "Baubegnadigung" an den Grafen. Näheres unter Aufsätze. Mit diesen Unterlagen können auch Häuser datiert werden, die keine Inschriften tragen. Die Angaben zur Baubegnadigung liegen von 1700 - 1815 vor.

Bitte geben Sie - falls bekannt - eine Heirat ihrer Vorfahren um 1800 als Ausgangspunkt an. Wenn diese Angaben noch nicht vorhanden sind, kann die Linie selbstverständlich auch von mir ermittelt werden. Bei Fragen rufen Sie mich gern abends oder am Wochenende an.

WILHELM KRÜGGELER

Am Rothoborn 4

33098 Paderborn

Telefon 05251/25290

Mail krueggeler@t-online.de

www.krueggeler.de

Die Angaben über Weinkäufe, Sterbfälle, Frei- und Wechselbriefe sind Grundlage für eine differenzierte Hofgeschichte, die weit über die Kirchenbücher hinausgehen kann. Auch diese ausführliche Familiengeschichte können sie bei mir in Auftrag geben. Die großen Kirchenbuchlücken in Verl und Neuenkirchen werden in den meisten Fällen damit komplett überbrückbar sein.

Weitere Einzelheiten und ein konkretes Beispiel für eine solche Zusammenstellung können dem Band 4 der Heimatkundlichen Reihe des Heimatvereins Rietberg "Hof- und Ahnenforschung in der ehemaligen Grafschaft Rietberg" von Wilhelm Krüggeler entnommen werden. Bestellungen können Sie an den Heimatverein Rietberg richten.

Mit den vorliegenden Computerdateien und Vorarbeiten bestehen jetzt ausreichend Wahlmöglichkeiten, Ihre Familien- und Hofgeschichte zu ermitteln und zusammenzustellen. Da bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Namen vor 1800 nur einmal vorkommen, können Sie sich mit gleichnamigen Familien zusammenschließen. In fast allen Fällen wird die Geschichte vor 1800 mit den anderen Namensträgern identisch sein, wenn die Familie aus den Dörfern der Grafschaft stammt.

Ihre Wahlmöglichkeiten:

1. Die Hofbeschreibung von 1668 bestellen.

2. Die Unterlagen zur Baubegnadigung/Hausbau bestellen.

3. Alle für die Familien- bzw. Hofgeschichte wichtigen Einträge aus dem Archiv der Grafen von Rietberg aus der Zeit 1648-1815 zu einem Festpreis bestellen.

4. Eine komplette Familien- bzw. Hofgeschichte bis etwa 1550 in Auftrag geben.

Darüberhinaus können selbstverständlich Kirchenbuchforschungen und Forschungen in sämtlichen Archiven in Westfalen, Rheinland, Hessen, Niedersachsen usw. durchgeführt werden!

Beispiele für die verschiedenen Gattungen von Einträgen

Ehekonsenese bzw. Weinkäufe

Ehekonsense bzw. Weinkäufe konnten überraschend kurz, aber bei komplizierten Fällen auch sehr ausführliche sein. Heuerlinge hatten wenig Besitz und von daher auch kein Interesse etwas zu regeln. Anders war es bei der 2. Heirat auf großen Höfen, wenn z. B. der Ehepartner aus seiner ersten Ehe noch Kinder mitgebracht hatte, oder sich die alten Leute trotz der Heirat des Kindes die Wirtschaft auf dem Hof vorbehalten wollten usw.

Ehekonsens und Brautschatz für den Bauern Westerebbinghaus vom 24. 2. 1789

"Viduus Colonus Meyer Wester-Ebbinghaus heirathet in die 2te Ehe die Annam Catharinam Meyer zu Verll zu 15 Koloniejahren, weil der Anerbe Christoph 9 Jahre alt seyn solle. Zum Vormund der Kinder erster Ehe ist der Meyer Oster-Ebbinghaus angeordnet und gewöhnlich beaydiget worden.Colonus Meyer zu Verll gelobt seiner Tochter zum Brautschatz an Gelde 80 Rtlr. jährlich um Martini mit 20 Rtlr. zu bezahlen, do dann 1 Pferd, 1 Stoppen, 3 Kühe, 3 Rinder, Ehrenkleid und Brauthwagen successive zu liefern."

Erbe des Hofes war der 9jährige jüngste Sohn Christoph, der das Recht hatte, im Alter von 24 Jahren zu Heiraten und den Hof zu übernehmen. Der Vater und die Stiefmutter müssen dann die Leibzucht, den Altenteil annehmen, oder sich mit den jungen Leuten vertragen und in einem Haushalt leben. Vormünder wurden in der Regel die Großeltern des Kindes von Seiten des verstorbenen Elternteils oder sonstige Verwandte dieser Seite. Die Mitgift entsprach in diesem Fall den üblichen Sätzen. Regel war, daß Brautschätzte über mehrere Jahre "abgestottert" wurden.

Der Eintrag von Heuerlingen konnte dagegen von überraschender Bündigkeit sein, wie am 16. 4. 1790: "Anton bey Schlangenotto heirathet die Elisabeth bey Johann Hanhard auf die Heuer."

Deutlich wird an diesem Eintrag, daß keine Vermögenswerte vorhanden waren, deren Regelung lohnte und dass die Heuerlinge bis etwa 1820 keinen eigenen Namen führten. Zogen die beiden neuen Eheleute als Heuerlinge auf den Hof des Meyers zu Verl, so hießen sie ab diesem Zeitpunkt Anton und Elisabeth bey Meyer zu Verl. Die relativ häufigen Umzüge führen dann in der Forschung z. T. zu erheblichen Schwierigkeiten.

Sterbfälle oder Erbteilungen

Auch bei Sterbfällen gibt es Eintragungen die nur eine Summe nennen, andere wieder listen alles einzeln auf, was auf den Erbplatz gebracht wurden und es wurde genau bezeichnet, was ins Hergewede oder in die Gerade kam. Hergewede und Gerade waren ausgesondertet Teile des Erbes, die nicht an den Grafen fielen, sondern beim Vater an den ältesten unverheirateten Sohn und bei der Mutter an die älteste unverheiratete Tochter. So hatten Onkel und Tante, die früher oft noch auf dem Hof blieben, noch einen besonderen Teil des Vermögens ihrer Eltern zu erben. Waren keine unverheirateten Söhne oder Töchter vorhanden, erbte diesen Teil der Graf vorab.

"Anna Catharina Hauphoff obiit (=gestorben), Gerada der Tochter Anna Margaretha, Nachlaß an Vieh: 2 Pferde ad (zu) 44 Rtlr. (Reichstaler) 3 Kühe 26 Rtlr. 1 3jähriges Rind 5 Rtlr. 2 jährige Rinder 7 Rtlr. 1 kleines jähriges Rind 3 Rtlr. 1 Schwein."

"Colonus Johann Hauphoff obiit, Hergewedde dem Sohn Otto, Nachlaß an Vieh: 1 Pferd ad 24 Rtlr. zum Hergewdde genommen, Nachlaß wie oben."

Hier erben sowohl Sohn als auch Tochter die sonst an den Grafen fallenden Teile des Erbes. Mit der Aufzählung ist gleichzeitig auch der Viehbestand des Hofes zu erfassen.

Frei- und Wechselbriefe

Frei- und Wechselbriefe waren für einen Eigenbehörigen des Grafen notwendig, wenn dieser Bürger in der Stadt werden wollte, oder er sich auf den Hof eines anderen Gutsherren verheiraten wollte. In den Freibriefen werden oft beide Elternteile genannt.

"Maria Reitheger von Henrich Wulffhorst und Elisabeth Reitheger ehelilch geboren, gibt pro Manumissione (Freilassung) 4 Reichstaler.

Bei den Wechselbriefen werden Eigenbehörige zwischen zwei Grundherren getauscht. So war es nicht erforderlich, die Herkunft der Personen anzugeben. Wichtig war die Gegenseitigkeit festzuhalten, denn es konnte durchaus sein, daß die Austauschperson ein oder zwei Jahre später vermerkt wurde, wie im Falle der Catharina Obergassel 1715:

"Catharina Obergassel ist verwechselt nach Buschmeyers Stätte im Delbrückschen."

Neben diesen für die Familiengeschichte wichtigsten Angaben gibt es natürlich noch eine Fülle anderer Angaben, aus denen eine spannende Familiengeschichte geschrieben werden kann.

Kleines historisches Wörterbuch

Zur Erleichterung des Verständnisses alter Bergriffe wird demnächst ein kleines historisches Wörterbuch mit Begriffen aus den Akten der Grafschaft Rietberg nach diesem Muster hier veröffentlicht.

Anerbe/Anerbin - Hoferbe/Hoferbin, es erbte der jüngste Sohn bzw. die jüngste Tochter

Beilieger - Hüsselte, Heuerling, Mieter ohne eingenen Grund und Boden

Colon/Colona - Bauer, Besitzer(in) des Hofes

Eigenbehöriger - Abgemilderte Form der Leibeigenschaft, in Rietberg verbunden mit der Grundherrschaft

Eintäger - Hofklasse, ab dem 16. Jhd. neu angesiedelte Höfe, die jährlich 8 Handdienste leisten mußten

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