Johann IV., 1640-1660Johann, wurde am 31. Mai 1618 geboren. Schon zwei Stunden später starb seine Mutter. Johann heiratete mit 19 Jahren und war seit dem 3.3.1647 mit Anna Catharina Gräfin zu Salm Reifferscheidt verheiratet. Graf Johann von Rietberg starb am 7.8.1660 und wurde in der Gruft der Franziskanerkirche beigesetzt, wo er heute noch ruht. Die tatkräftige Witwe Anna Catharina führte dann praktisch 20 Jahre lang die Regentschaft der Grafschaft aus.Sie überlebte alle ihre drei Söhne, die jeweils nacheinander die Regierung der Grafschaft übernahmen. Vor ihrer Heirat war Anna Catharina seit 1640 Stiftdame in Vreden, 1641 in Thorn und 1642 auch Stiftsdame in Elten. 1645 wurde sie als Pröpstin in Vreden gewählt und am 20 6. 1646 wählte sie das Kapitel zu Thorn zur Äbtissin. Aber bereits 1646 erfolgte ihre Resignation, um zu heiraten.
Anna Catharinas Schwester war 46 Jahre Fürstin-Äbtissin von Essen. Wie eng das Verhältnis mit ihr, die sie oft besucht hat, war, zeigt sich auch im Ort, an dem sie ihr Testament verfasste:nämlich in der Küsterei des Stifts Hohen Eltenn, dem Amtssitz ihrer Schwester als Küsterin des Stiftes Elten. Anna Catharina pflegte nach dem Tode ihres Mannes besonders die Verbindungen zu ihren Schwestern. Es ist daher nicht verwunderlich, daß ihre Tochter Bernhardine Sophie ihrer Tante als Fürstin-Äbtissin von Essen folgte.
Die tatkräftige Gräfin Anna Catharina geb. zu Salm Reifferscheidt Das von Pater Walter Tecklenburg gezeichnete Allianzwappen Rietberg-Salm Die Kinder
Erzogen wurden die beiden Brüder wohl ab 1662 in Paderborn von ihrem Hofmeister Ernst Rottvoß und begleitet vom Kutscher Hermann Holtmann, während die Fräulein nach Lüttich gingen. Die Rentrechnung der Jahre listen die Kosten für die Hofhaltung der jungen Herrschaften genau auf. Für die Taufe der letzten Tochter Bernhardine Sophie kaufte man Waren im Wert von 280 Rtl. ein, es wurde also groß gefeiert. Das Schicksal der Kinder1. LeopoldineLeopoldine hatte bereits im Alter von 7 Jahre eine Präbende in Vreden erhalten und wurde 1674 dort zur Dechantin gewählt. In Vreden wechselte die Würde der Äbtissin zwischen den Geschlechtern Salm-Reifferscheid und Manderscheid-Blanckenheim, die seit 1579 fast ununterbrochen diese Würde bekleideten. Zum Zeitpunkt der Kanonikatsverleihung war Maria Sophia von Salm-Reiferscheid Äbtissin und hat diese Präbendierung sicher befördert. Seit 1669 hatte Leopoldine aber noch eine weitere Präbende im Stift Elten erhalten. Leopoldine heiratete am 31.12.1686 in Rietberg Oswald Grafen von dem Bergh, Markgrafen von Bergen op Zoon und zog zu ihm in die spanischen Niederlande auf Schloß Bergh bei Boxmeer. Ihr Bruder hatte ihr eine Mitgift von 10.000 Rtlr. mitgegeben. Während von Seiten der Brautmutter die Verbindung begrüßt wurde, war die schon fast 80jährige Mutter des Grafen gegen die Verbindung. Als er Geld aufnehmen wollte, verklagte ihn seine Mutter beim Rat von Brabant in s'Gravenhage. Die Ehe blieb zum Leidwesen beider Eheleute kinderlos. Die Eheleute ließen von sich große Ölgemälde anfertigen. Leopoldines Bild zeigt im Hintergrund Schloß Rietberg mit dem Torhaus. Oswald war ein höflicher Grandseigneur, mehrsprachig, großzügig, ausdrucksstark in seinen Briefen und im Gegensatz zu seinem Vater fühlte er sich in erster Linie als Niederländer. Graf Oswald ist derjenige, der am meisten in dem alten Schloß Bergh veränderte. Sein Hofzimmermann Meister Gerhard Blanckenbach leitete die Arbeiten. Es wurde 1675 ein neues Eingangs- und ein neues Hofportal geschaffen, das 1681 fertig wurde. Die Steine ließ er durch einen Jesuiten vom Drachenfels holen. 1679 wird die Treppe vor dem Großen Saal fertig. Über dem Hoftor ließ er 1701 das Allianzwappen Bergh/Rietberg anbringen mit der Inschrift: „Deo faVente OsVVaLDUs et LeopoLDIna eXstrVXerVnt“ Auch innen ließ Oswald in seinem Schloß viel verändern, während nach seinem Tode kaum noch etwas verändert wurde, nur eine neue Hofkapelle zur Ehren Mariens kam 1728 noch hinzu. Er starb am 20. Juni 1712, Nachmittags um 3 Uhr, nach „ausgestandener 3 ½tägiger schwerer hetziger krankheyt“ und wurde 3 Tage später in der Kirche in Boxmeer begraben. Wegen seiner verschwenderischen Ausgaben hinterließ er einen Schuldenberg von 697.000 Gulden! 1715 schreibt der Internuntius in Büssel an den Bischof von Roermond, daß er der Gräfin-Witwe Leopoldine zugesteht, in ihrer neuen Schloßkapelle jeden Tag eine Messe für die katholische Gemeinde von s’Herenberg zu feiern. Dies war Leopoldine, die in einer reformierten Grafschaft lebte, wohl wichtig. Seine Frau Leopoldine überlebte ihn um 6 Jahre und starb am 6. Mai 1718 und wünschte in ihrem kurz vorher aufgesetzten Testament an der Seite ihres Mannes in der Kirche zu Boxmeer begraben zu werden. Ihr gemeinsames Epitaph wurde erst 1741 errichtet. Da die Ehe Kinderlos blieb, erbte der Sohn der Schwester Maria Clara van den Bergh und Meinhard II. Fürst von Hohenzollern die Grafschaft. Der 1704 geborene Franz Wilhelm nennt sich seit 1712 dann Graf van den Bergh und Hohenzollern und war seit 1724 mit Maria Catharina von Truchsess-Waldburg-Zeil verheiratet und starb 1737. 2. Friedrich WilhelmEr fiel an 7.10.1677 vor Straßburg. Sein Leichnam wurde durch Kanonikus Arborch nach Rietberg gebracht und dort am 12.11.1677 in der Gruft der Franziskanerkirche begraben. Im Jahr 1677 ist die Rentrechnung der Grafschaft unterteilt in
3. Franz Adolph WilhelmGeboren am 13.11.1651 und erst am 8.1.1652 getauft, Er hatte eine natürliche Tochter mit einer Eigenbehörigen, die 1703 an den Meyer zur Haardt in Druffel verheiratet wurden. Franz Adolph Wilhelm errichtete am 16. 2. 1690, wohl schon im Angesicht seines nahen Todes, sein Testament. Zu diesem Zeitpunkt war er Dekan der Metropolitankirche von Köln, Scholaster der Kathedrale von Straßburg und Domkapitular in Paderborn. In diese beiden Hochadeligen Herrenstifte konnten Familien wie die Kaunitz oder die Fürsten Liechtenstein nicht aufgeschworen werden, da sie nicht uralter hochadeliger Abkunft waren. In seinem Testament bestimmte er:
Er starb, als letzter männlicher Sproß aus dem Hause Ostfriesland am 15.3.1690, Nachmittags 4 Uhr in Straßburg und wurde im Straßburger Münster in der Andreas-Kapelle an der Südseite beigesetzt. Sein Freund und Testamentsvollstrecker, der Straßburger Generalvikar Ludwig de Govy de Cartigny ließ ihm ein aufwendiges Denkmal mit einer überlebensgroßen Büste setzen. Das sicher verstümmelte Grabmal entging aber immerhin der Zerstörungswut der französischen Revolutionäre. Nach einer späteren Quelle hinterließ Franz Adolph dem Straßburger Münster 62 kostbare Paramente, 1 Silberkreuz für Prozessionen, 2 silberne Accolythen-Lichtstöcke, ein Trauer- oder Totentuch aus schwarzen Sammt mit dem Wappen des Grafen an den vier Ende mit Silberfaden bestickt. Das Bahrtuch wurde bis zur Französischen Revolution benutzt. 5. Bernhardine SophieAls unverheiratete Frau erreichte Benhardine Sophie das höchste Amt, was man im Reich erreichen konnte: Sie wurde Fürst-Äbtissin von Essen und regierte äußerst selbstbewußt ihr kleines Reich. Gleichzeitig war sie seit 28.3.1672 auch in dem hochadeligen Stift Thorn präbendiert, wo sie am 11.6.1681 ihre Residenz begann und am 23.6.1682 die Abtei verließ. Besonders hat sie die Congregatio BMV gefördert, die als besonderes und zusätzliches Gelübde den kostenlosen Unterricht von Mädchen hat und dessen Mädchengymnasium noch heute vom Orden vewaltet wird.1704 und 1706 schenkte sie dem Orden zwei Häuser. Mit großen, aus eigenen Mitteln aufgebrachten Kosten baute Bernhardine Sophie eine neue Kurie in Essen, den Rietberger Hof. Mit dem gräflichen Kapitel wurde ein Vertrag geschlossen, daß nach Bernhardine noch 5 weitere Damen aus dem Hause Ostfriesland und Rietberg diese Kurie vorrangig benutzen sollten. Erst dann fiel das Haus ohne Einschränkungen an die Abtei. Da sie aber die letzte ihre Stammes war, konnte das gräfliche Kapitel schon sofort nach Ihrem Tode über das Haus verfügen und richtetet es zur Wohnung der Pröpstin, der höchsten Würde nach der Fürstäbtissin, ein. Noch im späten 18. Jhdt. hingen im Rietberger Hof Bilder der Grafen von Rietberg. Das Stift Essen hatte eine komplizierte Verwaltung. Zunächst bestand das Stift aus zwei Kapiteln: dem der reichsgräflichen Damen (etwa 10 Damen) und dem bürgerlichen Kanonikerkapitel. Die ausschließlich aus dem Damenkapitel zu wählende Äbtissin war also gleichzeitig Äbtissin des Damenkapitels, stand dem Kanonikerkapitel vor und war geborene Reichsfürstin. Mitglied des Damenkapitels war sie als Äbtissin aber nicht mehr. Ein Stift war alles andere als ein Kloster, mit dem es häufig verwechselt wird. Die Damen konnten ohne Schwierigkeiten austreten, waren bis auf das erste Jahre nicht zur Residenz verpflichtet und führten dort eher ein standesgemäßes, als ein klösterliches Leben. Die Gemeinsamkeit bestand in den Kapitelssitzungen, dem Chorgebet - wenn man teilnahm - und der gemeinsamen, durch das Stiftsvermögen bestehenden Versorgung. Die Einkünfte richteten sich nach einem komplizierten Schlüssel, bei dem es neben den Stiftseinkünften auf die Zahl der Damen, deren Anwesenheit und deren Teilnahme am Chorgebet ankam. Das lateinisch verrichtete Chorgebet wurde besonders durch die sog. „Präsenszgelder“ honoriert. Aufgrund der erhaltenen Präsenzrechnungen kann man in Essen eine breite Streuung des Verhaltens der Damen feststellen. Während es Damen gab, die fast ständig in Essen lebten, täglich am Chorgebet teilnahmen, gab es Damen, die nach ihrer Aufnahme ins Kapitel kaum in Essen gesehen wurden. Auch die Sitte, in mehren Stiften gleichzeitig präbendiert zu sein, führt dazu das sich ein richtiges Karussell in Bewegung setzte. Nicht wenige Damen waren gleichzeitig in Thorn, Elten und Vreden aufgeschworen und auch diese Stifte verlangten mindestens gelegentliche Anwesenheit. So reisten die Damen von einem Stift zum anderen und schlossen in der Zeit die Haushalte in Essen. Nur wer ein einträgliches Amt - Pröpstin oder wenigsten Dechantin - ausfüllte, konnte von den Einkünften einigermaßen standesgemäß leben. Besser waren die Einkünfte von zwei oder mehr Stiften und eine Apanage aus der eigenen Familie. Auch Bernhardine Sophie war in mehreren Stiften präbendiert und erhielt aus den Einkünften der Grafschaft Rietberg lebenslang noch jährlich 400 Rtlr. Nur so konnte sie den Bau des Rietberger Hofes finanzieren. Sie starb am 14. August 1726 auf Schloß Styrum (Mühlheim), wohin sie sich in den letzen Jahren zurückgezogen hatte und ist in den Katakomben der dortigen Schloßkapelle begraben worden. |