Ernst Christoph, 1794 - 1797

Ernst Christoph wurde als ältester Sohn des späteren Staatskanzlers Wenzel Anton und seiner Frau Maria Ernestine von Starhemberg am 6.6.1737 in Wien geboren und in der Schottenkirche getauft. Er war damit nach den Hausgesetzen der Erbe des Familienfideikomiss (unteilbares Familienvermögen). Bei der Namenswahl hatte man alte Rietberger Namen gewählt. Ernst Christoph von Ostfriesland und Rietberg regierte die Grafschaft von 1625-1640.

Schon im Alter von 12 Jahren verlor er seine Mutter. Nach dem Tode des Johann Adam von Questenberg im Jahre 1752 übernahm dessen Witwe Maria Antonia, eine Schwester des Vaters, die Erziehung der 6 überlebenden Kinder des Staatskanzlers.

Ernst Christoph war seit dem 4.1.1763 mit Leopoldine von Oettingen-Spielberg verlobt und heiratet sie am Montag, den 12.1.1763 im Spiegelzimmer der Wiener Hofburg in Anwesenheit der kaiserlichen Familie. Die Trauung nahm der päpstliche Nuntius vor.

Während Ernst Christoph mit 1,75 m für seine Zeit sehr groß war(sein Bruder Dominik Andreas war sogar 1,78 m groß), maß seine Frau nur 1,50 m.

Angeblich hat aus Anlaß der Heirat die Judenschaft des Oettingen-Spielberger Landes eine Medaille, einen Dukanten schwer, prägen und überreichen lassen. Auf der einen Seite waren 2 Gesetzestafeln, auf deren einer die Worte stehen „Du solltst Deinen Vater und Deine Mutter ehren“ auf der anderen „auf dass es Dir wohlergehe“ Auf der anderen Seite steht in der Mitte ein großer Lorbeerbaum und daneben 2 kleinere, darüber aber die Worte: Wohl dem, der Freude an seinen Kindern hat“ und unten „Das hilf Herr Jesu“.

Leopoldine von Oettingen-Spielberg und ihre Schwester Eleonore

Leopoldine von Oettingen-Spielberg wurde am 28.11.1741 in Oettingen in Riesgau als Tochter des Grafen (und späteren Fürsten) Johann Alois I. (1701-1780) und der Therese von Holstein Wiesenburg (1713-1745), Tochter des Herzogs Leopold geboren. Sie verlor ihre Mutter bereits am 14.7.1745 im Alter von 4 Jahren bei der Geburt ihrer Schwester Maria Eleonore, die am 7.7.1745 geboren wurde. Damit waren die beiden Schwestern schon früh Halbwaisen geworden.

Die beiden Mädchen brachten ihre ersten Kinderjahre in Oettingen zu, bis ihr Vater sie in ein französisches Kloster nach Straßburg schickte. Dort blieben die Schwestern vom 1.7 1749-28.6.1758. Im Kloster, so berichtet Adam Wolf „vergaßen sie ihre Muttersprache fast gänzlich und lernten französisch, etwas Geschichte und Geographie, Reliquien einfassen, Altarpolster sticken und traten mit nur geringen wissenschaftlichen Kenntnissen in das Leben zurück, aber gesund an Leib und Seele und mit einer festen religiösen Richtung, welche ihnen zeitlebens geblieben ist.“

Am 28.2.1760 starb die Tante der Schwestern, Marie Eleonore, Herzogin von Guastalla und hinterließ beiden ein beträchtliches Vermögen. Leopoldine erbte die Güter in der Lombardei und Eleonore die mährischen Güter. Damit waren die beiden Mädchen reiche östreichische Erbinnen geworden und der Vater stellte beide am Kaiserhofe vor, wo sie von Maria Theresia sofort zu k. k. Kammerfräulein ernannt wurden und der Sorge der Obersthofmeisterin, der Gräfin Josephine Paar empfohlen wurden. Die beiden Mädchen waren sowohl mit der Kaiserin als auch mit der Gräfin Paar verwandt. In Wien erhielten sie gleich wienerische Namen, nämlich „Lori“ für Eleonore und „Poldi“ für Leopoldine und gehörten fortan zum Kreis der jungen Erzherzoginnen und fühlten sich dort sehr wohl.

Ihre Schwester Eleonore (1745-1812), die nicht nur ihre Schwester, sondern auch Freundin und vor allem Briefpartnerin war, heiratete kurz nach Leopoldine am 30.3.1763 den damaligen Generalmajor Fürsten Karl Liechtenstein in der Kammerkapelle der Hofburg. Ihr intensiver und umfangreicher Briefwechsel wurde z.T. von Adam Wolf veröffentlich und gibt einen guten Einblick in die Zeit zwischen 1763 und 1812. Die beiden unzertrennlichen Schwestern waren häufig mit ihrern Männern in Wien bzw. in Austerlitz, Jameritz oder Meseritz und gehörten zum Kreis der „5 Damen“, die in der Zeit zwischen 1770 und 1780 intensiven Kontakt zu Kaiser Joseph II. hatten und in der Wiener Gesellschaft eine wichtige Rolle spielten.

Im sog. Fayence-Zimmer im Schloß Harburg der Familie Oettingen-Spielberg hängt ein großes Kinderbildnis von der ca. 3-4 Jahre alten Marie Leopoldine Elisabeth Therese Sophie.

Nur wenige Monate nach der Heirat von Ernst und Lepoldine wurde, einen Tag nach der Krönung Franz I. im Frankfurter Kaiserdom, der Staatskanzler Wenzel Anton mit einigen anderen in den Rang eines Reichsfürsten erhoben. Damit waren Graf Ernst von Kaunitz-Rietberg und seine Frau Leopoldine die künftigen Fürsten von Kaunitz-Rietberg und Leopoldine in etwa im gleichen fürstlichen Range mit ihrer Schwester Eleonore, der Fürstin Karl Liechtenstein, oder „die Karlin“, wie man sie in Wien nannte. Eleonore von Liechtenstein, die die Kaiserkrönung in Frankfurt persönlich miterlebte, hat ihre Schwester sofort von der in Frankfurt publizierten Erhebung in den Fürstenstand unterrichtet und fügte hinzu „es wird mich freuen, wenn du die Race fortpflanzest.“

Der Briefwechsel zwischen den beiden Frauen, die sich „jeden Gedanken ihrer Seele, jedes Geheimnis ihres Herzens“ mitteilten, läßt auch ein Urteil über Ernst von Kaunitz-Rietberg erkennnen, der sich zunächst ziemlich gleichgültig seiner Frau gegenüber benahm und nur für seine Pferde und Hunde zu leben schien. Dabei war er immer in Geldsachen „in Unordnung“. Wenn Leopoldine sparen wollte, erwiderte er „ich werde Schulden machen und mein Vater wird zahlen.“ Aber Wenzel Anton gab nichts und brauchte das Geld für sich und seine anderen Söhne. Als Leopoldine eines Tages bei ihrem Schwiegervater über die Verschwendungen ihres Mannes klagen wollte, schien er gar nicht zu hören und sprach über andere Dinge.

Die Eheleute brachten ihren Sommer in dem schönen Schloß Jarmeritz bei Znaim (heute Jaromerice) und den Winter in Wien zu. Ernst war oft abwesend und deshalb verbrachte seine Frau Leopoldine ihre Zeit mit Büchern und Briefen zu.

Die Gesandschaft nach Neapel

Im Herbst 1763 ließ die Kaiserin Maria Theresia Leopoldine ankündigen, daß sie ihren Mann Ernst als Gesandten nach Neapel schicken wollte. Maria Theresia hatte nämlich ihre Tochter Josepha für den jungen König Ferdinand von Neapel bestimmt. Die zukünftigen Eheleute waren 1751 geboren, also damals ganze 12 Jahre alt. Deshalb sollte die Vermählung auch erst in einigen Jahren geschehen. Die Kaiserin wollte, daß sich Leopoldine bereits jetzt in Neapel einlebte und Berichte über den jungen König nach Wien schicken sollte. Jeden Monat sollte sie einen Brief über die Diplomatische Post in Rom an die Kaiserin abschicken und über den König und seine Entwicklung berichten. Eigentlich war Leopoldine die Botschafterin, jedenfalls waren ihre Wahrnehung der Kaiserin Maria Theresia wichtiger, wie die Berichte ihres Mannes Ernst.

Ernst wurde Anfang März 1764 zum Gesandten am Neapolitanischen Hof ernannt und die Kaunitz fuhren am 29.3.1764 von Wien fort. Die Reise ging über Venedig und Rom, wo die beiden die Osterwoche mitfeierten und den päpstlichen Segen erhielten. Bei ihrem Romaufenthalt lernten Sie auch einen Teil der römischen Gesellschaft kennen. Besonders Kardinal Albani, der Beschützer Winckelmanns, des Begründers der Antiken-Kunstgeschichte, bemühte sich um den neuen Gesandten und gab ein großes Gartenfest, zeigte ihnen seinen Palast, die große Bibliothek und die prachtvolle Sammlung von Antiken.

Anfang Mai kamen die Kaunitz nach Neapel, wo noch der alte Gesandte die Geschäfte führte. So konnten sie sich ungestört den Genüssen der Landschaft und der Gesellschaft hingeben, aber auch den verwahrlosten Zustand des Landes zur Kenntnis nehmen.

Leonore fühlte sich aber in Neapel keineswegs wohl. Sie berichtet an ihre Schwester, daß die Männer und Frauen ihr gleich unwissend vorkämen. Die Männer sprächen nur über das Wetter und die damals herrschende Hungersnot und die Frauen von Mode und vom Theater.

Die Gesellschaft in Neapel beriet und bezahlte ihre Soireen gemeinsam. Die Gesandten und ihre Frauen wurden als freie Gäste eingeladen. Die Damen ließen sich von einem Kavalier begleiten, die meisten von ihren Liebhabern. Auch der Gräfin Kaunitz wollten man einen „Kavalier“ zuweisen, aber sie wies den Herrn von Beri ab. Sie schränkte bald den gesellschaftlichen Verkehr ein und später gehörten nur wenige Frauen zum zu ihrem engeren Kreise. Dazu gehörte die Duchessa Salandra, eine geborene Gräfin Wallis aus Böhmen und die Gräfin Ligneville. Leopoldine kam alles im Lande schal und öde vor, nur die Natur nicht. Deshalb genoß sie auf ihren Fahrten im Sommer Bajä oder Castellamare und in mondhellen Nächten fuhr sie in den Golf hinaus.

Als am 13. April 1765 die Erde erzitterte und der Vesuv zu toben anfing, fuhren die Kaunitz nach Torre dell’ Annunziata und stiegen den Berg hinauf, bis ihnen ein Lavastrom den Weg verlegte. Sie flohen so rasch als möglich und kamen so mit dem Schrecken davon. Noch im Winter sahen sie von ihrer Wohnung das prachtvolle Bild, wie die roten Feuersäulen die Schneefelder an den Berghängen und die Wogen des Meeres beleuchteten. Leonore nützte ihre Zeit vor allem für die Lektüre geschichtlicher Werke.

Das Jahr 1766 wurde für Leopoldine überschattet durch die Liebschaft ihre Mannes mit der Sängerin Katharina Gabrieli. Leopoldine bekam zwar schon früher einen Hinweis, wollte es aber nicht glauben, bis die Sache anläßlich eines von Leopoldine geplanten Auftritts der Sängerin im Hause Kaunitz vom Herzog von Braunschweig doch publik wurde. Das Konzert fand aber trotzdem statt und Leopoldine applaudierte dem vortrefflichen Gesang der Gabrieli, während ihr Mann Ernst kein einziges Wort sagte.

Gleichzeitig war in Neapel auch die Sängerin Marianne Amicis, die Geliebte des Schwiegervaters Wenzel Anton anwesend, die auch auf einem Konzert sang. Die Gesellschaft war sich einig, daß die Gabrieli besser sang.

In einem Brief an ihre Schwester klagte sie „ich habe ihm meine Ruhe und Freiheit geopfert und muß ihn nun verachten. Wir sind nicht füreinander geschaffen, wenn ich sparen will, will er Schulden machen, hat aber nicht den Muth, seinem Vater oder der Tante zu schreiben; ich werde alles thun müssen, denke dir meine Lage, ich habe hier keinen Menschen, dem ich vertrauen kann, ich muß im alten Zuge fortleben und darf die Verzweiflung meines Herzens Niemand zeigen.“

Erst nach Wochen sprachen sich die Eheleute aus. Ernst sagte, daß er die Vorwürfe seiner Frau verdiene, aber nicht anders könne. Erst jetzt wisse er was Liebe sei. Auch die Drohung seiner Frau, der Kaiserin zu schreiben, die er durchaus als realistisch ansah, schreckte ihn nicht, er konnte nicht anders handeln, wie er ihr sagte. Die beiden Schwestern intensivierten ihren Briefwechsel, denn auch Eleonore hatte derzeit eine Liebhaber, der sie verehrte, den Grafen Karl Odonnel. Eleonore rang sich aber durch, ihrem Manne treu zu sein. Wenn dann Eleonore ihren Mann in scharfen Zeilen verurteilte, erwiderte sie: „Das hat er alles von seinem Vater, dieser hat jetzt ein Verhältnis mit einer anderen Frau und schreibt uns zärtliche Grüße für die Amici; diese singt hier in allen Häusern, denkt nicht daran sich zu verheiraten und lacht uns alle aus.“

Leopoldine setzte ihre Hoffung nur noch auf eine baldige Abreise. Aber die Heirat der Erzherzogin Josepha mit König Ferdinand verschob sich immer wieder. Erst am 9. Mai 1767 brachte ihnen ein Kurier der Kaiserin den Befehl, nach Wien zu kommen und bei der Verlobung anwesend zu sein. Schon drei Tage später brachen sie nach Wien auf. Am 16. Mai waren sie in Rom, am 19. in Florenz, am 26. Mai kamen sie in Wien an. In Wien kam alles anders als geplant, statt eine Verlobung zu feiern, wurde ein feierliches Requiem für die Kaiserin Josepha gelesen, die zwei Tage nach der Ankunft der Kaunitz starb. Maria Theresia wurde krank.

Am 8. September wurde allerdings dann die Verlobung des Königs von Neapel mit der schönen Erzherzogin Josepha gefeiert, die dann Anfang Oktober abreisen sollte. Aber sie erkrankte und starb am 15. Oktober 1767 an den Blattern.

Der junge König, der wenig Interesse an Politik hatte und lieber Jagen ging oder Ball spielte, erfuhr die Nachricht vom Tod seiner Braut in Neapel. Er war sehr betrübt, weil er nun an diesem Tage nicht mehr Jagen durfte. Seine etwa gleich alten Höflinge versuchten ihn zu unterhalten, bis sie auf den Einfall kamen, das Leichenbegängnis der Erzherzogin zu „feiern“. Einer betupfte sich Gesicht und Hände mit schwarzen Flecken, um die Blattern anzuzeigen, legte sich in Frauenkleidern auf die Bahre und die Jungens hielten einen Leichenzug durch die Zimmer des Palastes in Portici.

Leopoldine war tief von diesen Ereignissen ergriffen, aber doch ruhig im Gemüt, weil ihr Mann sich ihr wieder zugewandt hatte und als er auf Befehl der Kaiserin sofort nach dem Tode der Erzherzogin wieder nach Neapel zurückreisen mußte, konnte er sie auch von der Furcht vor der Gabrieli befreien. Der französische Gesandte hatte ihn inzwischen in der Gunst der Sängerin abgelöst. Ein kleines pikantes Nachspiel hatte die Sache doch noch: als Graf Ernst Diamanten und Nippsachen die die Gabrieli beim ihm deponiert hatte, an die Gabrieli zurückgeben wollte, erschien auch der französische Gesandte, der in seiner Eifersucht seinen Degen zog und damit den Arm der Gabrieli verletzte. Der junge Mozart, der die Sängerin 1771 hörte hatte allerdings ein vernichtendes Urteil über die Stimme der Gabrieli „Wer die Gabrieli singen gehört, wird sagen, daß sie nichts als eine Passagen- und Rouladenmacherin war.“

Die Kaunitz waren am 8. Dezember 1767 wieder in Neapel angekommen. Vorher hatten sie die Fürstin Eleonore noch in Wien und Meseritz besucht und die beiden Damen hatten sich sicher viel zu erzählen.

Ende des Jahres 1767 gebar Leopoldine eine Tochter, die sie allerdings nur kurz nach der Geburt und nach der Taufe sah, denn das Kind starb noch am selben Tage. Leopldine lag wochenlang krank im Bett. In dieser Zeit kamen sich die Eheleute wieder sehr nahe, und Leopoldine „segnete diese Krankheit“ wie Adam Wolf sich ausdrückt, denn ihr Mann war ihr gegenüber sehr aufmerksam und hing mit zärtlicher Liebe an ihr. Am 8. Jänner 1768 schrieb sie an ihre Schwester „Ich kann nicht sagen, wie glücklich mich diese Krankheit macht; ich hoffe, daß er mich lieben wird, ich bin entschädigt für das, was ich gelitten.“

Die Kaunitz erlebten nun, wie die Jesuiten auch aus Neapel verjagt wurden. Der allmächige Minister Tanucci ließ sie, wie in Spanien, gewaltsam über die Grenze bringen. Die beiden Schwestern korrespondierten auch über diese Fragen umfangreich miteinander. Die fromme Leopoldine hatte sich trotz ihrer streng kirchlichen Gesinnung aber doch ein eigenen Urteil über diese Fragen gemacht. Sie schreibt an ihre Schwester: „Das größte Unglück der Jesuiten ist, daß sie in ihrem Corpsgeist zu weit gegangen sind; man wird sagen, daß sie sich das Wort des Herrn angeeignet haben: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Sie sind unbedingt überzeugt von der Vortrefflichkeit ihres Ordens und glauben der menschlichen Gesellschaft, oder besser gesagt der Religion den größten Dienst zu erweisen, wenn sie alle verfolgen und unterdrücken, welche nicht wie sie denken. Das bringt alle Leute gegen sie auf und erweckt ihnen die schrecklichsten Feinde. Sie verdienen nicht die Behandlung, welche sie jetzt erfahren, denn sie haben der Gesellschaft große Dienste geleistet, aber ich glaube, die Kirche kann sich auch ohne sie erhalten.“ Oder ein anders Mal schreibt sie „..Man soll der Macht Gottes vertrauen, welche wir blinden Sterblichen nicht kennen; aber glauben, daß es dieses oder jenes Ordens bedürfe, um die Religion zu erhalten, das heißt Gott und die Kirche beleidigen.“

Inzwischen hatte der Hof in Neapel um eine andere Tochter Maria Theresias geworben, um die 16jährige Erzherzogin Karoline, die ein Jahr jünger wie ihre Schwester. Sie war nicht so schön, hatte ein leidenschaftliches Gemüt und war sehr klug. Anfang April wurde sie in Wien dem Stellvertreter des Königs von Neapel angetraut. Sie kam am 17. Mai nach Caserta und die Ehe dieser beiden, die sich nie im Leben gesehen hatten, wurde dann in Terracina vollzogen. Karoline ließ sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen, wird berichtet. Leopoldine Kaunitz und ihr kleiner Hofstaat aus Wien stützten die Erzherzogin bei ihren ersten Gehversuchen am neuen Hof. Die gegenseitigen Abgrenzungen der Eheleute versuchte sie klug zu mäßigen, aber die Erzherzogin hatte ihren eigen Kopf und ließ sich keines ihrer Rechte nehmen.

Als das Königspaar dann nach Neapel einzog, war die ganze Stadt auf den Beinen. Die Kaunitz gaben am 14. Juni ein glänzendes Fest und zwei Tage später einen Maskenball, wo 2.800 Personen erschienen. Auch der König erschien mit Maske. Graf Kaunitz ließ 10.000 kleine silberne Medaillen unter das Volk auswerfen und jedem der Führer der Lazzaroni eine Goldmedaille überreichen. Danach schlossen sich noch andere Feiern an.

Im Juli reisten der Großherzog und die Großherzogin und die Gräfin Paar wieder nach Wien zurück. Dafür kamen dann einige junge Herren aus Österreich, die Grafen Schafgotsche, Auersperg, Colloredo und der junge Fürst Kinsky, sie machten alle Unterhaltungen mit und es gab den ganzen Sommer hindurch jeden Tag ein neues Vergnügen. Im Herbst übersiedelte der Hof in das reizende Schloß Portici, das damals noch mit den Statuen und Kunstwerken aus Pompeji gefüllt war, die heute sämtlich im Museum stehen. Auch die Kaunitz wohnten in Portici und hatten einen prachtvollen Ausblick auf den Golf und die Stadt Neapel.

Der König spielte mit seinen Kammerherren Soldat und sie marschierten stundenlang im Garten herum und schoß in die Luft, währen die Königin mit ihren Damen haschen spielte. Leopoldine hatte sich von diesen kindlichen Spielen dispensiert und las die Memoiren von Retz. Ende Dezember ging dann der Hof nach Persano und die Kaunitz kehrten wieder nach Neapel zurück.

In dieser Zeit machte Graf Ernst der Marquise Fagniani aus Mailand den Hof. Diese Marquise hatte sein Bruder ursprünglich heiraten wollen. Leopoldine war den Sommer 1768 also wieder unglücklich, aber wenn ihr Mann bei ihr war, war sie wieder glücklich. Die Affäre dauerte nicht lange, denn im Dezember 1768 reiste die Fagniani wieder ab, weil Graf Kaunitz sich mit ihr überworfen hatte, sagte man.

Im März 1769 war hoher Besuch angesagt und ein frohes Ereignis: Kaiser Joseph selber kam nach Neapel. Angeblich wollte er in Turin oder Modena eine Braut suchen. Tatsächliche Gründe waren aber die Papstwahl und der Wunsch von Maria Theresia, die Königin zu besuchen. Am 31. kam er nach Portici wo es ein rührende Wiedersehen mit seiner Schwester, der Königin, gab. Der Kaiser wohnte in Portici und Caserta bei den Kaunitz und war nur wenige Tage in Neapel. Leopoldine unterhält sich lange mit dem Kaiser und schreibt begeistert an ihre Schwester über diesen Fürsten, für den sie Gott dankt. Als der Kaiser dann nach Rom weiterreist, begleitet Graf Ernst seinen Kaiser mehrere Wochen und bleibt ständig in seiner Umgebung.

Leopoldine hatte sich von den Festen, als der Kaiser in Neapel war, wegen ihrer Schwangerschaft zurückgehalten. Ende April wurde sie von einem Knaben entbunden, der nach dem Kaiser den Namen Joseph erhielt. Große Freude kam nochmals auf, als ihr Mann dann aus Rom, wo er als Wahlbotschafter fungiert hatte, zurückkehrte. Maria Theresia schickte zur Geburt eine schöne Lackcassette, mit „Spinngold“ gefüllt und darin in 2 Etuis auch noch eine Medaille und neun goldene Nadeln, alle mit Brillanten geschmückt.

Leopoldine sollte ja nach dem Willen der Kaiserin am Hofe zu Neapel Beobachterin, Ratgeberin und Richterin sein. In letzterer Rolle fühlte sich Leopoldine immer unwohler. Als dann die Königin erfuhr, daß Leopoldine Kaiserin Maria Teresia mitgeteilt hatte, daß sie mit anderen Männern kokketierte, so daß man bereits darüber sprach, war das Vertrauen der Königin erschüttert. Sie sprach ab Fastnacht 1770 nicht mehr mit der Gräfin Kaunitz.

Diese und finanzielle Gründe bewogen sie, die Abberufung aus aus Neapel zu erwirken. Graf Kaunitz bezog ein Gehalt von 36.000 Gulden, das keineswegs für die Auslagen ausreichte. Auch Leopoldines Einkünfte aus ihren eigenen Gütern wurden immer geringer. Anfang April 1770 erhielt Graf Ernst sein Abberufungsschreiben von Maria Theresia. Gleichzeitig wurde Ernst zum Landeshauptmann in Mähren ernannt, eine Position, die schon sein Großvater Maximilian Ulrich ausgeübt hatte. Obwohl sich Leopoline über diese Ernennung wunderte, war sie doch damit zufrieden, da sie nur Ruhe wollte. So würde sie auch wieder in die Nähe ihrer geliebten Schwester kommen und auch Fürst Wenzel Anton von Kaunitz schilderte die Beförderung als ausgezeichnet.

Man verlebte den Frühling noch in Portici und löste dann den Haushalt auf. Am 8. Juni 1770 brach die Familie auf nach Brünn. Am 10. Juni waren sie bereits in Rom angelangt. Dort besuchten sie Kirchen und Paläste und stellten sich dem neuen Papst Clemens XIV. vor, der ihnen sehr gefiel. Sie reisten weiter über Florenz, Ferrara an das Meer, fuhren zu Wasser nach Venedig und kamen am 30. Juli in Wien an.

Die Kaiserin empfing sie dort in ihrer gewohnten Liebenswürdigkeit und die Schwestern verlebten einige Wochen zusammen.

Die Zeit als Landeshauptmann von Mähren

Anfang September 1770 übersiedelten die Kaunitz nach Brünn. Graf Ernst übernahm seine Posten als Präsident der Stände. Dabei gab es allerdings wenig zu tun, da die ständischen Tätigkeiten inzwischen sehr eingeschränkt waren und die Regierung unabhängig von Graf Blümegen ausgeübt wurde. Aber die Familie fühlte sich in der kleinen Stadt Brünn sehr wohl. Mit Theateraufführungen und Besuchen aus Wien und beim ortsansässigen Adel brachte man Abwechselung in den Alltag.

Die Erinnerungen an Neapel verblaßten und inzwischen hatte Leopoldine für 109.000 Gulden die Besitzungen in der Lombardei, die sie von ihrer Tante, der Herzogin von Guastalla geerbt hatte, an den Generalpächter Grepi verkauft.

Während man den Sommer in Austerlitz verbrachte, zog man im Winter wieder nach Brünn. Vor allem in Aussterlitz fühlte sich Leopoldine wohl. „Ich könnte eine Idylle schreiben von unserem Aufenthalte in Schloß und Park.“ schrieb sie ihrer Schwester. Es war ihr manchmal schon zuviel, wenn sie nach Schloß Jarmeritz fuhren, wo der Bruder des Grafen Ernst, Dominik Andreas II. mit seiner Frau wohnte. Jarmeritz war der Besitz ihrer Tante, die aber längst wieder bei ihrem Bruder Wenzel Anton in Austerlitz wohnte und dort den Haushalt leitete.

Vom 1. bis zum 3. Oktober 1771 kam hoher Besuch nach Brünn: Kaiser Joseph machte eine Rundreise um die Truppen zu inspizieren und Vorkehrungen wegen der herrschenden Hungersnot zu treffen. Auch Leopoldine unterhielt sich mit dem Kaiser, der bereits das Theater nach dem ersten Ballett verließ. Leopoldine kehrte sofort in das geliebte Austerlitz zurück.

Im Spätsommer 1772 kam Fürst Wenzel Anton für längere Zeit nach Austerlitz, wie gewöhnlich mit einem Gefolge von Gesandten, Beamten und Frauen. Graf Ernst sprach seinen Vater auf eine Verwendung in Wien an. Der Kaiser hatte ihm zwar den Orden vom goldenen Vlies verliehen, aber das konnte schließlich die Langeweile auch nicht vertreiben.

Die Zeit als Direktor der Hofgebäude in Wien

Der Vater, Fürst Wenzel Anton, hielt zwar sein Versprechen und sprach mit der Kaiserin Maria Theresia. Es ist Spekulation, ob er, wenn er gewollt hätte, mehr hätte erreichen können. Ernst hatte sich aber den Posten eines Oberstkämmerers vorgestellt und erhielt nur die Stelle eines Direktors der Hofgebäude, eine Stelle die lediglich mit 8.000 Gulden dotiert war. Schon im Oktober 1772 erfolgte die Ernennung.

Leopoldine war mit der Ernennung ihres Mannes durchaus nicht einverstanden: „Generalbaudirektor, alle Welt wird lachen und der Kaiser zürnen, weil er alle überflüssigen Stellen streichen will.“ Sie hatte sich nicht geirrt.

Eine interessante Stelle gibt es zu dieser Ernennung noch im Briefwechsel zwischen Kaiser Joseph II. und seinem Bruder Leopold: „Kaunitz hat für seinen Sohn die Stelle des Directors der Gebäude verlangt. Du kannst dir denken, was er da zu thun hat. Seine Frau ist ein Zuwachs, welcher in der Gesellschaft der Fürstinnen viel Unangenehmes bringen wird. Ich will nicht reden von der Wirkung auf mich und ob sie nicht Mittel finden wird, mich auszuschließen; ich finde sie häßlich und unerträglich, und doch ist ihre Schwester, die Fürstin Karl, in sie vernarrt.“ Später änderte sich allerdings die Ansicht über Leopoldine erheblich.

Bis zum 17. November 1772 blieb die Familie Kaunitz noch in Brünn. Dann wurde der Landtag geschlossen und die Familie siedelte nach Wien über. Zum Verdruß von Leopoldine blieb ihr Mann Ernst noch lange Generalgebäudedirektor. Erst nach dem Tode der Kaiserin Maria Theresia, unter Kaiser Joseph, erhielt er den Posten eines Obersthofmarschalls.

Aber auch für die Schwester Eleonore waren diese Jahre keine Glanzjahre. Wie Ernst, so konnte auch Fürst Karl von Liechtenstein nicht gut mit Geld umgehen. Als er dann im Winter 1770 wieder zu spielen anfing, verlor er innerhalb kürzester Zeit mehr als 100.000 Gulden und kam in peinliche Verlegenheit und sie verlebten einen einsamen Sommer in Meseritsch. Erst als die Angelegenheit dem alten Fürsten Wenzel von Liechtenstein zu Ohren kam, ordnete dieser die Sache. Auch Fürst Karl wurde übergangen: bei dem großen militärischen Avancement am 1. Jänner 1771 wurden etliche jüngere Kandidaten ohne die gleichen militärischen Verdienste ernannt und Karl ging leer aus. Erst nachdem er wegen dieser Schmach dem Kaiser gegenüber um seine Entlassung gebeten hatte und mit Gesprächen bei der Kaiserin und Gesprächen von Eleonore mit dem Kaiser wurde erreicht, daß er im Dienst blieb und als kommandierender General nach Preßburg versetzt wurde. Wenige Tage nach dieser Ernennung starb der Vater von Fürst Karl, Fürst Emmanuel von Liechtenstein an der Gicht. Nach den Hausgesetzten der Liechtenstein erhielt er als zweitgeborener Sohn das sog. zweite Majorat, nämlich die Herrschaft Krummau und weiteres Kapital. Daraus ergab sich eine Rente von 35.825 Gulden jährlich. Diese Summe hatte er aber auch in seiner neuen Stelle dringend nötig, da die Stelle in Preßburg mehr Ausgaben verursachte als in Wien. Wegen anderer Todesfälle erlitt Eleonore in diesem Jahr noch eine Fehlgeburt von der sie sich lange nicht erholen konnte.

Die fünf Damen oder die Fürstinnen 1770-1780

In Wien hatte sich seit 1768 eine Gesellschaft von Damen gebildet, die durch den Verkehr mit Kaiser Joseph eine gewisse Berühmtheit erlangt hat. Sie bestand anfangs aus vier, später aus fünf Damen, die allgemein „die fünf Damen“ oder „die Fürstinnen“ genannt wurden.

Zu diesem Kreis gehörten:

Fürstin Marie Josepha Clary geb. Gräfin von Hohenzollern-Hechingen, geb. 1728

Fürstin Marie Sidonie Kinsky, geb. Gräfin von Hohenzollern-Hechingen, Schwester der Clary, geb. 1729. (Franz Ulrich)

Fürstin Leopoldine Liechtenstein, geb. Gräfin Sternberg, * 11.12.1733 (Franz Joseph)

Fürstin Eleonore Liechtenstein, geb. Oettingen-Spielberg und seit 1772 ihre Schwester

Gräfin Leopoldine Kaunitz-Rietberg, geb. Oettingen-Spielberg

Der Grazer Historiker Adam Wolf beschreibt 1874 die Gesellschaft: „ ... alle verheiratet, höchst ehrbar, fromm, ihren Männern wie ihren Beichtvätern getreu, freimütig, dem Vergnügen nicht abgeneigt, geistvoll, liebenswürdig und durch die Bande des Blutes und der Freundschaft eng verbunden. Sie stellten eine Blüthe der adeligen Gesellschaft dar und beherrschten durch fast zwei Jahrzehnte Sitte und Ton der aristrokratischen Gesellschaft ...“

Die Fürstinnen Clary und Kinsky waren Schwestern und Cousinen der Eleonore Liechtenstein. Ihr Vater war der Reichsgraf Hermann Friedrich von Hohenzollern-Hechingen

Fürstin Clary war als älteste quasi „Präsident“ diese Zirkels und unbedingt dem Hof ergeben. Ihre oft naiven Beiträge zur Regierung von Maria Theresia und Joseph ergötzten den Kaiser und die anderen Damen oft sehr. Wenn Kaiser Joseph auf Reisen war, kam es ihr zu, die Korrespondenz mit ihm zu führen.

Adam Wolf charakterisiert die Fürstin Marie Sidonie als bei Hofe als auch in der Wiener Frauenwelt durch ihre Gutmütigkeit und unverwüstliche Heiterkeit beliebte Frau. Nur sprach sie etwas zu viel und geriet gelegentlich in kleine Widersprüche und Verlegenheiten. Seit ihr Mann die ältere Linie Kinsky beerbt hatte, führte sie ein großes Haus und gab glänzende Gesellschaften, die auch vom Hof und von den Diplomaten immer gern besucht wurden. Weil ihre Männer oft wegen ihrer Verpflichtungen abwesend waren, verbrachten die beiden Damen ihren Sommer oft in einem Landhaus in Weidlingau bei Wien zu.

Die dritte im Bunde war Fürstin Leopoldine von Liechtenstein, die „Franzin“, eine Tochter des ehemaligen Obersthofmeisters Graf Franz Philipp Sternberg. Ihr Mann, Fürst Franz Joseph, erbte 1771 und 1772 die Güter seines Vater und Onkels und vereinigte außer Krummau sämtliche Familiengüter wieder in seiner Hand. Er ist der Stifter der älteren souverainen Linie Liechtenstein, die heute noch das Fürstentum Liechtenstein beherrscht.

Solange ihr Mann noch lebte, verbrachte die Fürstin die Sommer in Felsberg und Eisgrub und als Witwe in einem Landhaus in Neuwaldegg, in der Nähe ihres Freundes, des Marschalls Lascy zu. Sie mischte sich nie in die Politik ein und war dem Hofe treu ergeben. Ihr Haus war eines der angenehmsten und ihre Soireen die glänzendsten in ganz Wien.

Die Seele der Gesellschaft war jedoch die Fürstin Eleonore Liechtenstein. Durch ihr munteres Wesen ihr scharfes Urteil, ihre Gewandtheit im Denken und Sprechen und zumeist durch das Vertrauen, welches ihr Kaiser Joseph entgegentrug. Die Gräfin Kaunitz wurde, als sie nach Wien übersiedelte, sofort in den kleinen Kreis aufgenommen und hat durch ihr mildes und versöhnliches Wesen, sowie durch ihr reiches Wissen einen bedeutenden Einfluß ausgeübt.

In Wien wohnte die Damen eng beieinander: die Clary in der Herrengasse, die Liechtenstein und Kinsky in ihren schönen, von Hildebrand erbauten Palais in der Schenkenstraße und auf der Freiung, Eleonore in einem gemieteten Haus in der Wallnerstraße und die Kaunitz in ihrem Haus auf der Freiung.

Die Damen trafen sich wöchentlich mindestens einmal, später in der Josephinischen Zeit drei- bis viermal, gewöhnlich in den Abendstunden von 8-10 Uhr. Die Damen spielten weder Karten noch musizierten sie, wie es vielfach üblich war. Man unterhielt sich in einem weit geschlagen Bogen über sämtliche Gegenstände des Hofes, der Literatur und Politik. Außer Kaiser Joseph, Marschall Lascy (dem Freund der Clary) und Oberstkämmerer Graf Rosenberg erhielt weder eine andere Frau zutritt zu ihrem Kreis, noch die eigenen oder gar andere Männer. Dadurch wurde der Kreis sehr schnell bekannt und erregte ein gewisses Aufsehen. Es gab zwar Versuche in dem Kreis aufgenommen zu werden, so u. a. auch vom Fürsten Kaunitz, dem Fürsten Khevenhüller usw. aber die Herren erschienen jeweils nur einige Male und es wurde ihnen von den Damen sehr deutlich gemacht, daß sie unerwünscht waren. Fürst Kaunitz zog es dann vor, die Damen in seinem Hause zu sehen, besonders bei seinen berühmten Matineen.

Marschall Lascy war überragender Militär, der sich 1774 aus seinen Stellungen zurückzog, und wie der bei Hof sehr einflußreiche Graf Rosenberg auch Junggeselle.

Aber der wichtigste in diesem Kreis war selbstverständlich der Kaiser Joseph II. Es kann hier nicht der Ort sein, den Kaiser umfassend zu charakterisieren. Aber einige Worte zu seinem politischen Credo und zum Verhältnis zu seiner Mutter, der Kaiserin Maria Theresia sind doch notwendig. Joseph, der einen lebhaften und tatendurstigen Geist hatte, war in vielem was seine Mutter und der Fürst Kaunitz anordneten und taten nicht einverstanden, hat sich aber immer, oft bis zur Selbstaufgabe, unter die Regentschaft seiner Mutter gebeugt. Größte Meinungsverschiedenheiten gab es in der Beurteilung der Rolle der Kirche und des Staatskirchenwesens. Während Maria Theresia von der Notwendigkeit - vereinfacht gesagt - ein Volk, ein Herrscher, eine Religion überzeugt war, vertrat ihr Sohn Joseph eine entschieden andere Haltung, die Toleranz Andersgläubigen gegenüber walten lassen wollte und der Kirche viele Einflußmöglichkeiten nehmen wollte. Ein rationalistisch-absolutistischer Staat in dem die Kirche eher eine dienende Funktion für den Staat hat als umgekehrt, schwebte Joseph vor. Joseph war übrigens der erste der Habsburger der wieder ein erträgliches Deutsch sprach.

Ein Problem war sein Verhältnis zu Frauen. Schon bei seinem Besuch 1764 in Neapel fiel Leopoldine von Kaunitz auf, daß der Kaiser Frauen wie Statuen ansieht. Seine Ehen waren von der Staatsraison diktiert und beide nur kurz, weil die Frauen nach jeweils 3 Jahren starben. Seine einzige Tochter starb, von ihm tief betrauert, bereits mit 8 Jahren und hinterließ bei ihrem Vater eine große Leere. Zu einer dritten Ehe konnte sich Joseph nicht entschließen und auch seine Mutter, die Stifterin der beiden Ehen, wollte ihm keine 3. Ehe mehr zumuten.

Er war nach dem Tode seines Vaters dessen Nachfolger als römischer Kaiser und von seiner Mutter zum Mitregenten in Österreich ernannt. Faktisch führte aber Maria Theresia die wesentlichsten Geschäfte in ihrem Sinne weiter. Lediglich das Militärwesen verwaltete er selbständig mit seinem Freunde, dem Marschall Lascy.

Nach dem Tode seiner letzten Frau, der Maria Josepha von Bayern, war für ihn dieser Kreis der fünf Fürstinnen besonders wichtig. In den Jahren 1771 und 1772 faßte dieser populäre Fürst eine ernste Neigung zur Fürstin Eleonore, die aber nicht erwidert wurde. Trotzdem sahen sich die beiden weiterhin und sehr oft.

Am 11. Juli 1772 schrieb Eleonore ihrer Schwester Leopoldine von einer Begegnung mit dem Kaiser im Belvedergarten wo der Kaiser ihr sagte: „Ich betrachte Sie wie meine Frau, ich habe dieses Gefühl für Sie, man ist nicht verliebt in seine Frau, aber ich habe Interesse für alles, was auf Sie Bezug hat.“ Eleonore wehrte sich gegen die Liebe des Kaisers. Letztendlich mußte die Fürstin den liebenden Kaiser bitten, etwas weniger Güte für sie zu haben um sie nicht weiter zu beunruhigen. Sie hatte inzwischen die ganze Geschichte nicht nur ihrer Schwester geschrieben, sondern auch ihrem in Preßburg weilenden Mann anläßlich eines Besuches dort mitgeteilt. Wo immer sie auch war, sie schrieb sich alle Gefühle von der Seele und teilte alles ihre Schwester, der Gräfin Leopoldine Kaunitz mit.

Erst als auch Eleonore von ihrem Mann nach Preßburg abgeholt wurde, wurde sie innerlich ruhiger. Kaiser Joseph wandte sich mehr dem gesellschaftlichen Verkehr zu und besuchte oft die Matineen des Fürsten Kaunitz in seinem Palais in Mariahilf und besuchte auch die Bälle bei den Fürsten Paar und Esterhazy sowie die glänzenden Gesellschaften bei der Fürstin Kinsky. So neigte sich die Affäre im Sommer 1772 dem Ende entgegen, weil Eleonore nicht mehr in Wien war. Im Winter des Jahre 1772 siedelten auch die Kaunitz nach Wien über und Leopoldine stellte sich klug zwischen den Kaiser und ihre Schwester, so daß die Leidenschaft des Kaisers sich in warme, freundschaftliche Teilnahme abklärte.

Der Kaiser war ihr aber in jeder Gnadensache immer gefällig. Als 1772 mehrere österreichische Herren wie de Ligne und Zinzendorf den Ordem vom goldenen Vließ erhalten sollten, machte sie den Kaiser auf ihren Schwager Ernst Kaunitz aufmerksam. Kaiser Josef ging sofort darauf ein, schrieb seiner Mutter ein Billet und Kaunitz erhielt den Orden. Der Kaiser meldet es am 12.6.1772 gleich wieder an die Fürstin Eleonore.

Über den Orden an seinen Sohn war Fürst Wenzel Anton hocherfreut und schickt seinen Sohne einen kostbaren Ordensschmuck und an Leopoldine einen zärtlichen Brief, der ihm sonst selten aus der Feder kam.

In der Zeit der Zuneigung des Kaisers zu Eleonore von Liechtenstein fällt eine neue Erscheinung in Wien auf, die alle Männer entzückte und sogar den Frauen gefiel: die Fürstin Marie Christine Piccolomini, eine geborene Fürstin Ruffo-Scilla aus Neapel, eine junge, lebhafte, geistreiche Italienerin, die umso mehr hervorleuchtete, als ihr Mann, der letzte Piccolomini, in seiner Völlerei völlig verdummte und nirgends zu sehen war. Sowohl Fürst Kaunitz als auch der französische Gesandte Durand haben ihr den Hof gemacht.

Für Kaiser Joseph wurde der Kreis der Fürstinnen immer wichtiger. Während er 1770/71 höchstens einmal die Woche in den Kreis kam, war er nach 1772 oft drei oder gar viermal bei den Damen. Der Kaiser wurde, ohne es zu wollen, allmählich der Herr dieser Gesellschaft. Die Damen sehnten sich nach dem Umgang mit dem Kaiser und zitierten mit Vorliebe seine Sprüche und Redensarten. In ihren Briefen ist auf jedem Blatt vom „le noble“, wie sie den Kaiser bezeichneten, zu lesen.

Eleonore urteilte im Juni 1775 in einem Brief an Leopoldine: „Dieser arme Fürst, im Grund ist er wahrhaft zu bemitleiden, sein Charakter, seine Denkart, seine ganze geistige Richtung ist eigenthümlich und hat nicht ihres Gleichen; niemals wird er glücklich sein und andere glücklich machen; er will, glaube ich, das Beste; er gibt sich viel mehr Mühe als die anderen, es zu finden, kaum zeigt es sich ihm, entschlüpft es ihm wieder.“

In den nächsten Jahre, besonders nach dem bayerischen Erbfolgekrieg und dem Frieden von Teschen am 13. Mai 1779 entfremdeten sich dann der Kaiser und Eleonore wieder etwas. Im August 1779 kam der Kaiser nach Eisgrub und Eleonore empfing ihn so kühl, daß der Kaiser noch in der Nacht abreiste. Ein Jahr später, nach dem Besuch des Kaisers in Rußland besuchte Joseph die Fürstin am 17. August, nur wenige Tage nach seiner Rückkehr und plauderte in Krumau wie in alten Zeiten und erschien fröhlich wie in seinen besten Tagen, was Eleonore nicht von ihrer Verstimmung dem Kaiser gegenüber löste. Ihre Schwester Leopoldine vermittelte klug in einem Konflikt, den ein ungenehmigter Baubeginn einer Kaserne auslöste, den Fürst Karl von Liechtenstein angeordnet hatte.

Wenige Wochen später, am 29. November 1780 starb Kaiserin Maria Theresia an einem Erstickungsanfall. Bei der Leichenfeier dieser früher so geliebten Kaiserin schaute die Menge mit einer skandalösen Gleichgültigkeit der Leichenfeier zu, notierte Herzog Albert von Sachsen-Teschen, der Schwiegersohn der Kaiserin. Maria Theresia hatte sich durch kleine Dinge, wie die Einfuhr der Tranksteuer, dem Herzen des Volkes entfremdet.

Der Josephinismus

Die Verstimmung der Fürstin Eleonore gegen Kaiser Joseph entsprang nicht aus persönlichen Gründen allein, sondern lag auch in der Scheu vor der Reformtätigkeit des Kaisers begründet. Während Joseph sich immer an das allgemeine und an die Ideen hielt, entsprangen die Anschauungen der Fürstin stets aus dem Besonderen, den Tatsachen. Während Eleonore das Bestehende verteidigte, brachte Kaiser Joseph die Reformen z.T. rücksichtslos zur Ausführung.

Eleonorens Ideal war das Rokoko, in der Politik die Monarchie Ludwigs XIV. und die Herrschaft des Adels und der Kirche, in der Kunst der höfische Prunk mit der vornehmen Feinheit und reichen Zierlichkeit.

Kaiser Josephs Staatsideal war die absolute Monarchie, aber mit der Herrschaft des Gesetzes, mit der Gleichstellung der adeligen und kirchlichen Stände. Wie in der Politik, erschien ihm in der Kunst statt der krankhaften Überfeinerung des Rokoko, das Derbe, Feste, Nützliche des Zopfstils als das Gesunde und Wahre.

Nach einigen Jahren des Zögerns bei den Reformen nach dem Tode der Kaiserin Maria Theresia wurden die Reformen immer rascher und tiefgreifender durchgeführt. Während früher partikulare Rechte auf vielen Gebieten bestanden, wurden alle Kronländer gleichgeschaltet. Der Verwaltung geschah nur noch zentral aus Wien. Alle ständischen Befugnisse und die Landtage von Böhmen und Mähren und anderer Länder des Vielvölkerstaates wurden aufgehoben, der Adel weitgehend entmachtet. In den Städten hörten die alten Zunftgliederungen auf. Das Unterrichtswesen wurde allein dem Staate untergeordnet, die deutsche Sprache wurde die allgemeine Geschäftssprache.

Noch tiefer gingen die geistlichen Reformen. Das Toleranzedikt, die Beschränkung der bischöflichen Gewalt, die Aufhebung der Klöster, die Pfarreinteilung und eine Reihe polizeilicher Verordnungen haben die alte Hierarchie untergraben und vernichtet.

Das alles hinderte den Kaiser aber keineswegs, die Nähe der Damen immer wieder zu suchen. Im Sommer besuchte der Kaiser auch gelegentlich die Gräfin Leopoldine Kaunitz in der Stadt, die dann Graf Rosenberg und die Fürstin Clary zitierte um nicht allein mit dem Kaiser zu sein.

Im Jahre 1783 erhielten die Soireen der Frauen eine Unterbrechung durch die Reise des Kaisers nach Italien. Nach seiner Rückkehr war seine Gesundheit angegriffen. Zu dieser Zeit wohnte er im Augarten, trank Spaa-Wasser und gab nur einige kleine Diners für Männer. Seine Günstlinge: Fürst Karl Liechtenstein, Graf Ernst Kaunitz, Fürst Joseph Lobkowitz, Fürst Karl Ligne und Graf Rosenberg kamen jeden Abend.

Im Frühling und Sommer 1786 hatte der Kaiser einen kleinen Frauenhof um sich. Von den fünf Damen wohnten abwechselnd zwei oder drei in Laxenburg.

Der Besuch Pius VI. 1782

Zu einem denkwürdigen Besuch kam es im Jahre 1782, Papst Pius VI. besuchte Wien und wurde vom Kaiser mit allen Ehren empfangen. Fürst Wenzel Anton von Kaunitz Rietberg als Staatskanzler hielt sich ständig im Hintergrund. So besuchte Pius am 15.4.1782 Kaunitz in seinem Palais in Mariahilf auf, um ihn in der Kirchenreformfrage umzustimmen. Um nicht mit dem Papst allein sprechen zu müssen, lud Fürst Kaunitz-Rietberg noch einige Vertreter des Adels zu diesem Treffen. Er führte in Anwesenheit seiner zwei Söhne den Papst durch die bedeutende Gemäldegalerie. Dabei behält der Fürst seinen Hut auf, weil auch der Papst (der allerdings als Vorrecht!) eine Kopfbedeckung trug. Der Papst verläßt unverrichteter Dinge die Residenz des Staatskanzlers. Wenzel Anton begleitet ihn noch nicht einmal zu seinem Wagen, weil das Wetter zu schlecht war.

Fast wie in der französischen Revolution verfuhren die Beamten, die die Reformen durchzusetzen hatten, hart, gewalttätig und ohne Schonung des Geschichtlichen und Überlieferten. Diese zum größten Teil notwendigen, kraftvollen Reformen zerstörten die feudale und kirchliche Herrschaft, schaffte die Vorherrschaft der romanischen Kultur ab und bezog die Bauern durch die Aufhebung der Leibeigenschaft wieder in die Gesellschaft ein und eröffnete der Industrie neue Bahnen. Die Nützlichkeitserwägungen der Protestantischen Fürsten brachen sich auch hier Bahn. Der Blick auf Preußen, den Erzfeind Österreichs ist unverkennbar.

Im Kreis der fünf Damen waren die Meinungen über die Reformen geteilt. Einig war man sich allerdings in der Ablehnung der kirchlichen Reformen. Am schärften verurteilten Leonore von Kaunitz und ihre Schwester Eleonore von Liechtenstein diese Reformen. Während Leopoldine sich mit ihren Meinungsäußerungen etwas zurückhielt, sprach Eleonore sie rücksichtslos auch gegenüber dem Kaiser und aller Welt gegenüber aus. Leopoldine Kaunitz sagte oft: „ wir sind in allem unterworfen, wir müssen es dulden; man muß sich verschließen, nur durch`s Schlüsselloch in die Seele blicken lassen.“ Diese Reformen lösten bei allen Damen heftige Gemütsregungen aus. Ausführlich wurde in ihren Briefen dieses Thema behandelt.

Leopoldine schrieb am 7. Juli 1781 an ihre Schwester: „Die Kirche kann nicht bestehen ohne Oberhaupt; wenn ein Souverain über dogmatische Lehren entscheidet, errichtet er ein königliches Primat wie in England; in Glaubenssachen kann für Katholiken nur eine Bulle des Papstes gültig sein, sie bedarf der Sanction des Souverains nicht. In Disziplinarsachen muß die Kirche mit den Gesetzen eines Staates übereinstimmen, denn er hat die vollziehende Gewalt. Was man gegenwärtig von einer allgemein Kirche spricht, ist eine leere Ausflucht. Auch die Protestanten haben so gesprochen und sich doch dem Concil von Trient nicht unterworfen. Die wahre, einzige Kirche ist jene, welche immer bestand, welche uns von unseren Vätern überliefert ist; sie kann zwar in der äußeren Disziplin schlaff werden, aber niemals im Glauben wanken, sie ist so rein geblieben, wie wir sie von Jesus Christus selbst erhalten haben; was man auch gegen sie unternehmen wird, es wird alles vergeblich sein.“

Da am Hofe keine kaiserliche Frau anwesend war, ersucht der Kaiser öfter eine der Frauen, eine Visitation der Frauenklöster vorzunehmen. Leopoldine wünschte eines Tage für die Salesianerinnen, daß sie ihr Kirchenfest feiern dürften. Josef hatte angeordnet, daß dies nur bei geschlossenen Kirchentüren geschenen durfte. Die Auswanderung der Mönche und Nonnen kam der frommen Leopoldine vor, wie die Flucht der ersten Christen in der Zeit der Verfolgung durch die römischen Kaiser. Ein Schrecken überkam die Damen, als so mancher Kirchenschmuck als „Flitterstaat“ entfernt wurde, als die Ablässe, Prozessionen und Wallfahrten und auch die Reliquienaustellung verboten wurden. Diese Themen waren über lange Zeiten immer wiederkehrende Inhalte der Unterhaltungen der Damen mit dem Kaiser.

Frucht dieser Reformperiode war das Fehlen überragender Geister der Philosophie und Naturwissenschaft im Wien dieser Zeit. Die Berufungs Lessings nach Wien wurde durch das Haupt der Aufklärung in Wien, Professor Sonnenfels, der voll Eigenliebe, Hochmut und Eifersucht war, erfolgreich verhindert.

Eine Neigung zum geheimbündlerischen Wesen ging durch das gebildete Österreich. Der Freimaurer-Orden hatte in der Josephinischen Zeit seine Glanzperiode in Österreich. Franz I., der Vater Josephs II. war in seinen jungen Jahren Mitglied im Maurerbunde und auch noch in Wien, bis Maria Theresia die Loge aufheben ließ. Zur Zeit Josephs waren etwa 600 Schriftsteller, Offiziere, Beamte und Adelige in den Logen. In der Loge „Zur gekrönten Hoffnung“ waren viele Adelige, so auch Graf Ernst von Kaunitz-Rietberg und sein Schwager der Fürst Karl Liechtenstein neben, Franz Esterhazy, Kolowrat, Karl Palffy, Wenzel Sinzendorf und auch Fürst Karl Dietrichstein. Herzog Albert von Sachsen-Teschen, der Schwiegersohn Maria Theresias war seit 1762 Maurer, löste sich aber 1785 aus dem Männerbund. Auch Wolfgang Amadeus Mozart war Maurer. Die Oper „Die Zauberflöte“ ist eine musikalische Darstellung der maurischen Ideen.

Die Geistlichkeit versuchte natürlich, vom Kaiser ein Verbot der Freimaurer zu erreichen. Alles was sie erreichten, war allerdings vorerst nur die Abschaffung der sog. Winkellogen. Die acht Wiener Logen vereinigten sich zunächst zu drei und dann zu zwei Logen, die sich dann in einem langsamen Prozess 1794 unter Kaiser Franz selbst auflösten, als dieser die Logen auflösen wollte.

Von 1787 an erfolgte ein Rückschlag der Josephinischen Reformen. 1789 erkrankte Kaiser Joseph. Im September 1789 besuchte Leonore von Kaunitz-Rietberg den Kaiser mit ihrer Tochter in Schönbrunn. Der Kaiser hatte sich in dieser Zeit wieder etwas erholt und sprach im Garten 2 Stunden mit der Gräfin.

Fürst Ernst Christoph

Gleich nach dem Tode Wenzel Antons trat Ernst Christoph als erstgeborener Sohn die Nachfolge an. Auch die Angelegenheiten der Grafschaft Rietberg wurden in der Wiener Kanzlei des Fürsten entschieden. Die französischen Einmärsche in den Niederlanden und ins Deutsche Reich machten allerhand Sorgen.

Bis etwa Ende September blieb Ernst Christoph in Austerlitz und nahm erst dann seine Arbeit für Rietberg wieder richtig auf.

Eine der ersten Verbesserungen war eine Straffung der von Rietberg nach Wien geschickten Regierungsberichte, weil seit dem Tode des Fürsten Wenzel das Postprivileg aufhörte . Da er überhaupt nicht gewöhnt war, Bittschriften zu beantworten, schon gar mit weitläufigen Anlagen, ordnete er Kurzfassungen der Bittschriften an und diese sollten gleich an die Regierung in Rietberg gehen und dort mit einem Gutachten vesehen werden.

Zunächst wurde auch ein Lehnstag abgehalten um die von Rietberg gegebenen Lehen auf den neuen Lehnsgeber, den Fürsten Ernst Christoph zu erneuern.

Auch die Stellung des Kreis-Kontingents für das Reich machte große Sorgen, wenn die Quoten erhöht werden müßten. Bei einer Zwangsaushebung sah man erhebliche Schwierigkeiten . 1794 hatte man lediglich 48 Mann, von denen nur 39 fähig waren, ins Feld zu ziehen, Vorgabe waren aber 76 Mann, die 1795 bereits auf 126 Mann anstiegen.. Die Verhandlungen über dieses Kontingent wurden zäh und unter hohem Papierverbrauch geführt, man kann auch von einem Papierkrieg reden! Die Bauerrichter weigerten sich 1795 die Listen mit den jungen Leuten herauszugeben.

Auch mit der Vollendung der Verler Kirche hatte sich Ernst Christoph zu beschäftigen und mußte wegen der Kriegszeiten anordnen, daß Orgel, Altäre usw. aus der alten Kirche übernommen werden sollten . (1770 wurde die alte Kirche in Verl mit 4.400 Pfannen neu gedeckt.

Ernst Christoph hatte aber auch Sorge um das Rietberger Archiv, dessen wichtigste Teile, vonehmlich aber das Renthebungs-Original-Register in Verschlägen nach Dresden oder Austerlitz zu verbringen waren . Man machte sich um das Archiv auch deshalb Sorgen, weil bereits das Preußische Archiv in Hamm am 29. 10. 1794 auf 12 Wagen durch Rietberg nach Berlin gerettet worden war und täglich Leute aus Westfalen mit ihrem Gepäck durch Rietberg flüchten. Zu Rietberg konnte man das „Canonieren der Arme ganz deutlich täglich und stündlich hören“. Der Garnhandel, von dem die Grafschaft Rietberg wesentlich lebte, war ins Stocken geraten und die Teuerung allgemein.

Am 17. 11. 1794 wurde deshalb der Befehl gegeben, die wichtigsten Teile des Archives über Eger in Böhmen nach dem nur 6 Meilen entfernten Petschau zu bringen und das Archiv an den Kaunitz-Rietberg-Questenbergschen Oberamtmann Dominikus Kühlen zu übergeben. Die Herrschaft Petschau gehörte dem Bruder des Fürsten, Dominikus Adreas . Auch das auf dem Schloß befindliche Silber sollte mit nach Petschau genommen werden . Die Räte und Beamten sollten aber das Schicksal der Grafschaft teilen, d. h. sie sollten in Rietberg bleiben.

Wegen des Mißernte ordnete Ernst Christoph an, daß sämtlicher vorrätiger Roggen und Gerste nach Rietberg auf das Schloß gebracht werde um einer Hungersnot vorzubeugen . Die Nachbarterritorien hatten inzwischen die Ausfuhr ihres Getreides schon verboten. Deshalb wurde auch dem „Gaurichter zu Erwitte“ ein Geschenk überreicht, weil er „durch die Finger“ gesehen hatte.

Die Eheleuter starben nur 2 Jahre nacheinander: zunächst am 28. 2. 1795 die Fürstin an einer langwierigen Krankheit in Wien. Ihr Mann ließ am 3. 3. 1795 auch die Regierung in Rietberg unterrrichten und die Trauer dort anordnen . Eleonore war Ordensdame des hohen Sternkreuzordens.. 14 Tage wurden in der Grafschaft Rietberg die Glocken eine ganze Stunde lang zum Zeichen der Landestrauer geläutet . Graf Ernst Christoph verzichtete darauf, Musik und Lustbarkeiten für die Zeit zu verbieten, weil der Tod in die Fastenzeit fiel.

Nur 2 Jahre später am 19. 5. 1797 starb auch Fürst Ernst Christoph.

Die Kinder der Familie Kaunitz

Alle Kinder des Fürsten Ernst Christoph, bis auf die Tochter Eleonore, starben schon früh. Damit war auch klar, daß der Bruder des Fürsten Dominik Andreas die Nachfolge antreten würde.

Die Tochter Eleonore wurde im alter von 16 Jahren zusammen mit ihrer Cousine Josepine von Liechtenstein auf Verlangen Maria Theresias am Hof vorgestellt und erschien zum erstenmal auf einem Ball.

Eleonore, genannt Lorel, die schon zu Lebzeiten des Vaters zunächst gegen dessen Willen und auch zunächst gegen den Willen ihrer Patentante, der Fürstin Eleonore Liechtenstein, den jungen Grafen Clemens Metternich liebte, heiratete diesen auch am 27.9.1795 in Austerlitz.

Sie starb nach längerem Lungenleiden am 19.3.1825 in Paris, umgeben von den sie überlebenden Kindern und ihrem Mann, der erst wenige Tage vorher nach Paris gereist war.

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