Ausführlicher Brief des Maximilian Ulrich von Kaunitz an seinen Vater Dominik Andreas über die Hochzeit am 6. 8. 1699 in Sinzig

Hoch gebohrner Graf

Gnädiger Herr Vatter Eüer Gnaden werden ohne Zweiffel gäntzlich Informiert sein worden von allem waß in meiner Heyrahts sach geschen hat sollen, durch den Graf von Sinzendorff und Baron Wiser, nuhn will Ich Eüer Gnaden sagen waß fernerß nach des Graffen abreiß vorbeygangen ist.

Ihr Cuhrfürstlichen Durchleicht haben mein praut undt mich am Samstag ersten Augusti von Düsseldorff nacher Güllich (Jülich) abholen lassen also daß wir ein tag und zwey nacht vor deß cuhrfürsten abreiß zu güllich angelanget sein. In der conferens die gehalten ist worden zyschen Herrn Grafen von Zinzendorf Baron Wiser undt mich ist concludiert worden daß man der Gräffin von bentem (Bentheim) parte geben wird von des Curfürstlichen willen durch ein curir den tag vor unserer abriß von Düsseldorff wie auch den Graffen von Blanckenheim der da zu güllich gegenwartlich war, Unterdessen aber daß ich die Zeit meiner Abreiß zu Düsseldorff erwahrtet hab, so hat der Baron Wiser von Sentiment chengiret, undt hat geglaubt daß besser wäre zu schreiben der Graffin von bentem durch einen potten der nach meiner abreiß von güllich alhier von bentem in deß Grafen sachen ankommen ist, dar durch allen difficultätten zu praevenieren welche durch die antwordt der Graffin hätten könen entstehen welche innerhalb wenig tagen mit einem curir hätte können geschehen, glaubent auch daß besser seye die copulation zu halten bevor daß die antwort von der Graffin zu rück kommen kann, In welcher sie verlangen hätte können daß die heyraht aufgeschoben werde biß zu Ihrer ankumpfft oder biß die Heyrahts pacten gemacht wären, und verhört sensible vor sic wäre wan man über alleß diseß hinauß ging undt die Heyraht doch schlieset, die sach machet auch vil ein grössern rumor in der welt wanß auf die weiß geschag als in der supposition daß sie nicht zu wider wird sein Ehe die Antwordt zu rück komet, also hat er nicht vesitirt die sach so zu machen, ob wohlen er mir kein parte davon hat geben gehabt nicht Zweiffelnt daß Ich undt Eüer Gnaden approbiren würden waß er getahn hat, und besser seye daß die antwordt von der Graffin die sache nicht mehr in Ihren Integro findet, den tag nach meiner Ankufft zu güllich dan Samstag sein wir gar spat darbey angelanget, hat der Graff von Blanckenheim meine Braut heimgesucht wo er mich angetroffen, er hat unß alle beyde gantz höfflich empfangen undt unß kein wordt von nichts geredet, nach mittag aber hat er den Condray hollen lassen undt mit Ihme ohne passion geredet, sagent eß wundere ihm sehr daß man die sach auf ein so ein weiß hat machen wollen wohl wissent daß sein frau schwester keine andere gedancken gehabt hat alß vor unß, er Zweiffle nicht daß sie nicht zu wider gewesen wäre wan man Ihreß ehender zu wissen hätte getahn, er blaube auch daß Ihr die Heyraht jetzt nicht zu wider sein wirdt sondern der modus wie sie geschicht, eß scheine daß man ein groß müßtraun auf sie muß gehabt haben. Der Coudray hat mir dieses alles erzehlt, so hab ich noch den selbigen abent den Graffen von Blanckenheim angeredet undt von Ihm ein viertel stund Audientß begehret. Ich bin zu Ihm zwischen(?) auf die nacht gangen, undt nach dem essen haben wir a l’amiable mit ein ander geredet, undt Ihm alleß gesagt waß Ihm detroumpiren hat können von der meinung die er gehabt hat daß wir ein müstauen auf seine frau schwester gehabt haben, Ich hab Ihm gesagt daß wahr seye daß vor ein Zeitlang Eure Gnaden Ihro curfürstlichen Durchleucht wohl wissen waß mein(?) rivales vor In Intte?? Praetensiones machen ob wohlen daß sie wohl wissen die engagements die zwischen mir undt der Graffin von Ritberg sein gebetten, sie wollen Eüer Gnaden die sach welche vieler seinen Auspicijs angefangen worden aber?? Versichern daß Eüer Gnaden nichts mir nachteihlichs zu erwarten hätten, doch aber Ihro cuhrfürslichen Durchleicht nichts specificiren und waß darinnen zu suchen wäre, so haben Ihro cuhrfürstlichen Durchleicht mir durch den Baron Wiser sagen lassen, undt Eüwer Gnaden antgewordt sie wißen nicht wie sie Eüer Gnaden ein größerß Zeichen von Ihrer Freundschaft geben könten undt von der sach bäßer versichern alß durhc die copulation nach volendem 12 Jahren meiner Braut wan sie darmit zufrieden wäre, Ich habe darauf den Baron wiser geantwortet eß seye als gar recht Ich wüßte aber nicht ob / Eüer Gnaden zufrieden wären daß Ich schon heyrahten täht, also bitte Ich Ihn er solle nichts Vermelden laßen von dieser sach bisß zu des Graff von Sinzendorff ankunft welcher gäntzlich Informirt ist von Eüer Gnaden Intensionen, also sehe der Herr Graff wohl daß man in der selbigen Zeit seine Frau Schwester von nichts hat an..... können weilen man nicht sicheres selbsten gewußt hat, so bald aber der Graff von Sinzendorff ankommen seye undt daß man mit Ihme conferirt hat so hab man Ihr auch gleich geleich parte??? Davon geben, Ich hoffete auf die weiß daß ...... sie ein wenig wird Informirt haben von der sach daß sie eß nicht übel wird nehmen können daß man sie nicht früher darvon avertieret hat wir wünschen auch nichts mehr alß Ihr freundschafft waß Ihr eingeneß Interesse anbelangen da sol sie nicht ein Kreuzer verlieren an dem was Ihr in praeliminaribus meiner Heyraht Versprochen ist worden, sie sol auch nuhr die gütte haben darüber mit Eüer Gnaden zu corespondiren Ich seye versichert Eüer Gnaden werden daß meglichste ..... zu contentiren welcheß Ich auch selbst der Graffin geschreiben ha durch einraht von Herrn Baron Wiser undt Graffin von Zinzendorff, mein Braut hat Ihrer Frau Mutter undt Ihren Herren Tutoribus mit mir zu gleich geschrieben, Ewer Gnaden werden den tenorem von disen Briefen ohne Zweiffel von Baron Wiser schon empfangen haben, wie auch einen von mir in welchem geschriben hab daß Eüer Gnaden möchten den Stallmeister oder einen anderen von Ihren Officiren mit einem Koch / über näweburg (Neuburg/Donau, Erbschaft des Johann Wilhelm von 1690) nach Haydelberg entgegen schicken meiner Gemahlin, endlichen muß ich Eüer Gnaden die guete Zeitung schreiben daß verloffenen Donerstag daß war den 6ten die copulation zu Sinsich in presentia Electoris et Electricis welche unß selbsten zum Altar geführet haben et tota aullae geschehen seye, eß ist mit so großen decora hergangen alß eß daß ohrt hat zu gelassen, den selbigen abent hat unß der cuhrfürst ein recht schöneß Hochzeit mahl halten lassen welchen der Graff von Blanckenheim beygewohnet hat, eß scheinet daß er wünschet daß wir nicht mit der Graffin von Bentheim brouliret würden er ist auch bey der zusammen gebung gewesen undt unß hernacher vil glück darzu gewunschen, Ihro cuhrfürsltichen Durchleichten haben unsß viel gnädige sachen gesagt und gezeiget ein rechte freid daß er eß zum ein ende gebracht hat, wir sein so glückseelich gewesen daß auch die Kleider undt Ohrring alleß zu rechter Zeit kommen ist, die Graff Fü.... ist so güttich gewesen undt die Braut aufgeputzet mit Ihren geschmuck, die Kleider sein gar hipsch? Gefunden worden wie auch die ohr ring, wegen der consumationem matrimonii hättet eß bald difficultätten gesetzet undt sehr schwer gewesen meiner gemahlin außzureden, undt wan Ich Ihr nicht versprochen hätte esß zu consumiren bey meiner Zurückkunft auß Italien undt gewiß versprochen daß Ich nach Ostern werde zurücke kommen so hätte die gantze sach villeicht können zurück gehen, mit dem Cazarotti hab ich auch ein dialogue gehabt den tag noch meiner Hochzeit er hat mir ein / Papier gepracht welcheß von meiner Gemahlin unterschrieben war, er hoffte ich würde vor alle dienst die er undt sein Frau mir geleist haben Ihm die Gnad tuhn undt eß zu confirmiren, so hab Ich gelesen waß darinnen stunt undt hab gefunden daß sie Ihm Verspricht die Comandanten stehl undt Drost, so hab Ich Ihm gesagt Herr die comendanten stehl will Ich euch geben, so bald Ich in stand werde sein eß zu tuhn, zum Drost kann ich Ihm aber nicht machen dan er verstehet nicht waß dar zu möhtwendich seye, hab ihm auch nicht wollen sagen daß Ich den Mengersen ebenfallß obliga...hab und daß Ich Ihm also nicht ohne Ursach absetzen will, er hat aber geleich angefangen zu ......(insistieren) undt gesagt wan er nicht beyde könnte haben so verlange er daß eine auch nicht, Ich müßt Ihm wohl vor ungeschicket halten wan Ich glauben täht daß er nicht capable seye ein so ein kleiner Graffschaft zu versehen, er .... wollte nicht weiter gehen alß Coblentß (Koblenz) Ich sollte ihm eß nicht vor übel aufnehmen, Ich hab Ihm antgewortet eß wäre mir von Hertzen leid wan man von mir in der welt sagen könnte daß Ich ein menschen welchen Ich vil obligationes hab ohne recompents hab lassen, Ich bitt Ihm solber eß zu betrachten daß kein Bagatele seye ein menschen hin zu tuhn der nicht die Wirtschaftt von land undt Jura weiß eß muße auch nöttig ein gestudirter mensch sein wegen allen pretentionen undt processen die die Graffin hat dan sonsten leidet sie undt Ich ein notablen schaden dardurch, er bekreiffe also wohl daß kein sach vor Ihm seye, er hat mit zur antwordt / geben er köne alleß disesß in zwey Tagen lehrnen, meine Gemahlin hat mir auch gesagt sie hab gehofft Ich würde so complaisent sein eß zu confirmiren, eß sein nicht so viel sachen in der Grafschaft daß er es nicht wohl versehen könnte, undt wan Ich sie lieb hätte so sollte Ich eß nicht difficulären, Ich hab Ihr gesagt sie verstehet eß nicht damit sie aber sehe daß Ich sie recht lieb hab undt daß Ich in allem waß sich tuhn wird lassen gegen Ihr viel complaisent(???) sein, so will ich eß Ihm confirmiren mit der restriction wan eß meglich ist daß man Ihm eß geben kann dan positionment will Ich eß Ihm nicht versprechen, auf die weip hab Ich mich von Ihnen loß gemacht durch ein Versprechen daß nichts heist, Ich hab Ihm eß müssen schriftlich

(S. 82) geben die comandenten stehl hab Ich Ihm aber positivement Versprochen, mein meinung ist daß sich Eüer Gnaden geen Ihm micht vermerken laßen alß wan Eüer Gnaden hiervon Informiret wären, sondern schaueden Ihm wo andert zu acomodiren dan diese bitte wollte Ich nicht g.... vil umb mein weib dan sie ist gar zu ......an sie a......, sie müssen doch bey Ihr bleiben iß Ich zurück komme dan sonsten tähte sie halb verzweifflen da über schicke Eüer Gnaden wider die carta biancquen dan Ich brauche sie nicht weillen keine pacta seint afgesetzet worden nuhr daß die Heyraht schon gewesen ist so werde Ich mich nicht lang mehr aufhalten undt mein vorgenommene reiß vortsetzen in der ungewißheit ob Ich in lotring Lothringen?) geschicket werde wäre eß zu vil wan ich mein reiß biß zu der widerkumpft aufschiebet Eüer Gnaden wollen so güttich sein mich bey Ihro Gnaden der Frau Mutter zu excusiren daß Ich Ihr nicht auch parte gib von meiner Heyraht

hirmit mich Unterthänigst empfehlend verbleibe

Eüer Gnaden

PS.

Weilen mir der Baron Wiser in Secreto gesacht hat, daß ein curir in wenigen Tagen naher Wien geschicket wirt werden, undt daß er vor der Post dahin kömmen wird, so hab Ich mein Brieff destwegen aufgehalten, gestern hab Ich zwey brieff von Eüer Gnaden empfangen, eß ist mir lieb daß alleß nach Eüer Gnaden wunsch geschen ist, feind(??) scheiden wir unß Ich unt mein weib, sie nimmt geraht den weg nacher nöweburg (Neuburg) undt Ich nacher Brüssel, der Hoff setzet auch sein reiß fort dissen nachmittag, mentz (Mainz?) den 11. Augusti

Coblentß den

9 Augusti 1699 Unterthänigst

gehorsamer Sohn

M(aximilan) G(raf) v(on) Kaunitz

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