Johann II., der Tolle, 1541-1562

Herr auf Esens, Stedesdorf und Wittmund (seit 1540)

Der gebildete, mit guten körperlichen Anlagen ausgestattete Johann war Sohn aus der zweiten Ehe seines Vaters, Otto III. mit Onna, der Erbin des Harlingerlandes. Wie sein Halbbruder Otto, der 1537 die lutherische Kirchenordnung in der Grafschaft Rietberg einführte, war auch Johann der lutherischen Lehre zugeneigt.

Herr auf Esens, Stedesdorf und Wittmund wurde Johann durch das Erbe seiner Mutter, Onnas von Esens, die nach dem Tode ihres Bruders Balthasar das Harlingerland erbte.

Graf Johann heiratete die Gräfin Agnes von Bentheim-Steinfurt und hatte aus dieser Ehe nur 2 Töchter: Armgard und Walburgis, die beide nacheinander die Grafschaft regierten.

Der Sitte der Zeit gemäß, ließ sich die Grafenfamilie von Ludger tom Ring, einem der fähigsten Portraitisten in Münster, in einem Familienbild malen. Es ist wohl das bedeutendste Bild aus der Grafenfamilie.

Nach langem Streit gab es eine Erbteilung zwischen den Halbbrüdern Otto IV. und Johann II. vom 22.12.1541, die aber von Otto nicht anerkannt wurde. Erst nach Ottos Tod (1553) wurde Johann auch mit dessen Teil der Grafschaft Rietberg belehnt.Danach begann das Verhängnis für die Grafschaft Rietberg.

Graf Johann II hatte sich 1556 gewaltsam eines Landstrichs von nur ca. 200 ha westlich des Accumer Tiefs im Harlingerland bemächtigt. Alle Klagen und Vermittlungen von Seiten der Gerichte und des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises halfen nicht. Johann ging dann am 19. November 1556 von Esens mit einer Söldnertruppe nach Rietberg und überfiel am Tag darauf das Dorf Lipperode, plünderte und brandschatzte es.

Bereits am 25. November fiel Graf Bernhard zur Lippe in Rietberger Gebiet ein und belagerte Schloß Rietberg. Bei dieser Belagerung des Schlosses half Anfang Dezember auch der Paderborner Bischof Rembert als Landesherr, der den ständigen Überfällen des Grafen endlich ein Ende machen wollte.

Nach vielen Diplomatischen Vermittlungsversuchen wurde dann am 2.2.1557 ein Friedensvertrag geschlossen. Da Johann die geforderten Bürgen nicht stellen konnte, begann man in den ersten Apriltagen 1557 mit der Beschießung des Schlosses.

Am 2. Juni 1557 mußte der verwundete Graf Johann kapitulieren. Er und auch sein vertrauter Droste Balke wurden in Einzelhaft genommen. Johann kam zunächst nach Schloß Büderich ins Gefängnis und wurde 1560 nach Köln überstellt. Die als Rietberger Fehde in die Geschichte eingegangene Aktion war noch 1618 in so präsenter Erinnerung, daß Zeugen bei einem Lippischen Gericht ihr Alter mit der Bemerkung "bei der Rietberger Fehde war ich 14 Jahre alt" usw. angaben.

Die Vertreter des Reichskreises besichtigen im Juli 1557 das Gefängnis in Schloß Büderich für den Grafen Johann und lassen es durch Handwerker besonders sichern. Johann wird in einem geschlossenen Wagen in das Gefängnis transportiert. Der Gefängnisraum war etwa 5-6 Fuß im Quadrat groß und hatte nur ein vergittertes Fenster an der Decke. Zwei hölzerne und eine eiserne Türe sicherten den Zugang.Johann war ein musischer Mensch und wünschte sich im Gefängnis ein Clavizimbel. Ob er es bekam, darüber schweigen die Akten.

Die Grafschaft kam unter die Verwaltung des Niederrheinisch-Westfälischen Kreises, eines Gremium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Johann starb am 2. Dezember 1562 in seinem Gefängnis im Kloster St. Martin zu Köln, ohne daß seine Angelegenheiten geregelt gewesen wären. Seine Witwe Agnes setzte ihm in der Basilika Groß St. Martin einen Grabstein, und errichtete ihm an ihrem Sitz in Esens ein Epitaph. Beide Gedenksteine sind heute noch erhalten.

Die Inschrift aus St. Martin in Köln an der Westwand rechts oben lautet in der Übersetzung:

Gott dem Allmächtigen geweiht, dem ausgezeichneten und edlen Herrn Johannes aus dem Geschlecht der Grafen von Rietberg, Herrn zu Esens, Stedesdorf und Wittmund, dem letzten seines Stammes, der nach mannigfaltigen vielen Beschwernissen dieser Zeit ermüdet am 9. Dezember 1562 hier in Köln seine Seele dem Schöpfer zurückgab, hat seine ausgezeichnete und edle Gemahlin Agnes, Gräfin von Bentheim, in tiefsten Schmerz zum ewigen Gedächtnis dieses Denkmal gesetzt. Friede.

Die lateinische Inschrift in Esens lautet in der Übertragung:

Grabmal des Grafen Johannes zu Rietberg, des erlauchten und hochedlen Herrn, Herrn Johannes aus dem Stamm der Grafen von Rietberg, Herrn zu Esens, Stedesdorf und Wittmund, dem letzten seines Stammes, welcher durch verschiedene und viel Dangsale und Schicksale dieser Welt müde gemacht, am 9. Dezember, im Jahre des Heils 1562 zu Köln seine Seele seinem Schöpfer zurückgab, hat die erlauchte und edle Herrin, Frau Agnes, aus dem Grafenhause Bentheim entsprossen, seine tieftrauernde Gattin, als ihrem heißgeliebten Gatten, zu ewigem Gedächtnis errichtet.

Auf einer Holztafel ist noch zu lesen:

DAS GRAFLICHE LICHNAM ZU COLLN LICHT BEGRABE DER MANLICH STAMM HELM UNDE SCHILD ZU BECLAGEN SO HINWEG GENOME AUS DESSN JA(M)ERTHAL DUCH ZUSTIFTUNG DER MISGU(N)SGEN OHNE ZAL IN GOTTIS HANT DIE SEEL BEWARET IST UNDE ACHTET NIT DER BÖSEN HINTERLIST

Der Landgraf von Hessen zog die Grafschaft als erledigtes Lehen zunächst ein. Erst 1565 wurden die Töchter Walburgis und Armgard nach Protesten gegen den Einzug des Lehens erneut belehnt.

Graf Johanns Witwe Agnes von Bentheim hat als Regentin 1567 Wittmund städtische Privilegien verliehen.

Als Witwe heiratete Agnes von Bentheim 1568 den Grafen Otto VIII. von Hoya. Nach dessen kinderlosen Tode am 25. 2. 1582 endete die Grafschaft Hoya. Agnes ließ ihrem Mann ein große Grabtumba im Chor der Nienburger Pfarrkirche von Meister Arend Robyn aus Minden errichten, auf der beide Eheleute plastisch dargestellt sind. Obwoh die Grafschaft Hoya sehr verschuldet war, ließ Agnes zusätzlich zur Grabtumba 1586 noch ein Epitaph in Bremen anfertigen und in unmittelbarer Nähe der Tumba an der Südwand des Chores in Nienburg anbringen, daß die Eheleute in Anbetung vor dem Auferstandenen zeigen. Agnes starb unter schwierigen Umständen am 15. 9. 1589 auf Gut Varste bei Verden. Sie wurde in der Pfarrkirche von Nienburg neben ihrem zweiten Mann beigesetzt.

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